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Und ging aus, sie aufzusuchen,

Aber ich bin irr gegangen.“

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Zu ihm spricht mit höhnscher Zunge

Apo, scharf ins Aug ihn fassend:
„Und der Irrgang scheint gelungen,
Angenehm ist dieser Schatten.

Dieser Baum hegt geistge Zungen.

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Einen Vogel zu erhaschen,

Bist du zum Altar gesprungen,
Und doch führst du leere Taschen.“ –

„Meister, nein! das Haupt der Mutter
Krönt ich mit dem Rosenkranze,

215
Während ich, bis du zum Turme

Kehrtest, deiner hier geharret.

Denn ich wollte dich ersuchen,
In der Kürze mir zu sagen,
Was in der versäumten Stunde

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Mir vom Liebestrank entgangen.


Denn der Töne Macht und Wunder
Kann ich mir schon deutlich machen;
Dieses Baumes geistge Zungen
Über mich sind ausgegangen.“

225
Apo spricht: „Der Töne Wunder

Lehrte dich der Linde Schatten,
Lerne nun von diesem Brunnen
Auch die Kunst des Liebestrankes.“ –

„Meister, höchlich ich bewundre,

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Wie du fein mich höhnend strafest;

Ach! zu tief ist mir der Brunnen,

Und der Eimer schöpft nur Wasser.
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_033.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)