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Willst du mir die Zöpfe machen?

Ich knie nieder an den Boden,

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Und indessen sollst du sagen,

Wer dein Vater, wo du wohnest.“

Und sie flicht Biondettens Haare,
Windet sie in feste Knoten,
Während sie vom Rosengarten

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Spricht und von dem Vater Kosme.


Wie im Traume heut die Schlange
Gegen sie emporgeschossen,
Wo der ernste Mann gegraben,
Der versunken in den Boden.

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Wie dann später am Altare

Sie ihn wieder angetroffen:
„Ach, da hört ich deine Harfe,
Hab mit ihm den Kranz geflochten!

Und jetzt hat der blonde Knabe

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Mit dem Lamme und dem Vogel

Zu bedenken ernst ermahnet,
Was der ernste Mann gesprochen.

Ach, ich bin mit Angst umfangen!
Mich umdrängen diesen Morgen

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Jener Mann, der Knab, die Schlange,

Du, dein Glanz, das Bild der Nonne!

Beten will ich noch heut Abend,
Beten, recht von Herzen, morgen
An der armen Mutter Grabe,

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Die mich sterbend hat geboren.


Auch sie ruhet bei Sankt Claren;

Ich hab morgen angeordnet
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_048.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)