Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 070.jpg

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Und du hast das kaum Erlernte
Dennoch mir hier repetieret;

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Du kurzdärmigter Geselle,

Wisse, daß du delirierest!

Denn die Kerkerstrafe stehet
Auf dem offnen Disputieren
Von Studenten gegen jeden,

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Den die höhern Würden zieren.“ –


„Ja, ich kenne die Gesetze,“
Spricht Meliore, „und die Pflichten
Eines Christen, daß er rede
Den Verkehrten ins Gewissen.“ –

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„Predge weiter,“ sprach der Lehrer,

„Und entpflichte dich, mein Christe,
Daß ich dem Gesetz dich gebe
Ungestört in deinen Pflichten!“

Und Meliore sprach: „Ich nenne

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Jene Berge, euch Gewitter;

Euer dunkelmaulend Wesen
Ist nur dunkel, um zu blitzen.

Seit die Welt im Zirkel gehet,
Kühlet sich das Wetter blitzend,

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Doch, als sei’s das erst und letzte,

Bläht sich jegliches Gewitter.

Nur daß man die Sterne heller
Sehe auf der Berge Gipfel,
Lasset ihr, euch selbst verwetternd,

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Euren trüben Schwall verwittern.


Und wo werdet ihr dann stehen,
Wann zuletzt der ewge Richter

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_070.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)