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     Kosmes Buße I

Allem Tagewerk sei Frieden,
Keine Art erschallt im Wald,
Alle Farbe ist geschieden,
Und es raget die Gestalt.

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Tauberauschte Blumen schließen

Ihrer Kelche süßen Kranz,
Und die schlummertrunknen Wiesen
Wiegen sich in Traumes Glanz.

Wo die wilden Quellen zielen

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Nieder von dem Felsenrand,

Ziehn die Hirsche frei und spielen
Freudig in dem blanken Sand.

In der Düfte Schwermut wiegen
Sich die Rosen in den Schlaf,

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Das Geheimnis ruht verschwiegen,

Das sie in den Busen traf.

Und es wandeln, die sich lieben,
Flüsternd auf dem selgen Pfad,
Wo sie gestern Scherze trieben,

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Zu des Meeres Glanzgestad.


Die Sirene stimmet wieder
Ihre giften Lieder an,
Und die Herzen tauchen nieder
In untiefen süßen Wahn.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_083.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)