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Denn es schied die Sonne wieder

In der ewgen Flammen Pracht,
Und es hebt die dunklen Glieder
Abermals die alte Nacht.

Und die Erde aufgeriegelt

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Sendet ihren Geist heran,

Um das Haupt schwebt sternbesiegelt
Ihm der blaue Weltenplan.

Und des Waldes dunkle Riesen
Drängen sich ums enge Tal,

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Und durch ihre Kronen gießen

Sterne geisterhaften Strahl.

Aus der Tiefe aufgewiegelt
Wachsen stumme Brunnen an,
Drinnen schaun sich mondumspiegelt

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Die Gedanken traurig an.


Vor der Hütte setzt sich nieder
Kosme, lauschet nach dem Wald,
Ob nicht aus der Ferne wieder
Seines Kindes Stimme schallt.

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Ob sie jenseits aus der Tiefe,

An dem schroffen Felsenhang,
Nicht das treue Echo riefe
In dem nächtlich späten Gang.

Aber nur die Melodieen

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Höret er der Nachtigall,

Und zu seinem Herzen ziehen
Nicht der Töne Flug und Fall.

Ihm ergießet keinen Frieden
Der prophetschen Sterne Strahl,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_084.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)