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Also schwebt die Erde munter
Um des dunklen Geistes Pole;

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Und sie dienen, dem sie fluchen,

Und er schämt sich, sie zu holen.

Doch das Licht und auch das Dunkel
Haben beide sich belogen,
Und die Lüge war das Wunder,

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War das Wort, das Fleisch geworden.


Denn der Mann aus irdschem Grunde
War vom Erdgeist nur geformet,
Daß das Licht, in ihm gebunden,
Sei gefesselt an den Boden.

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Und vom Lichte nur durchdrungen

Ward der Mann, der Erdgeborne,
Daß der Erdgeist sei gezwungen
In dem Manne hin nach oben.

So im wechselnden Betruge

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Ist der Streit zum Fleisch geworden,

Und er herrscht im Mittelpunkte
Des unendlich ewgen Zornes.

Da das Licht den Schlaf erfunden,
Ward dem Mann das Weib geboren,

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Durch den Baum des Bös und Guten

Führt der Erdgeist uns zum Tode.

Nach uns greift das Licht hinunter,
Ziehet mächtig uns nach oben,
Die Metalle schwer und dunkel

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Ziehen nieder uns zu Boden.


Beiden Welten so verbunden
Wehet betend auf der Odem,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_096.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)