Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 098.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Eva, Eva! schlaue Mutter,
Hast den Apfel du gekostet,

175
Hat die Schlange dich versuchet,

Hast du uns den Tod geboren,

Hast das Böse und das Gute
Du erkennet, soll verloren
Mir nicht sein die teure Kunde,

180
Um die du das Heil verloren!


Bin der Erde ich verbunden,
Bin ich an den Tod verloren
Um ein Schnitzchen sauren Obstes,
Dreht um mich sich doch die Sonne!

185
Und ich will nicht eher ruhn

In dem dunkeln Erdenschoße,
Bis ich aller Sinnen Brunnen
Überfüllend ausgesogen!“ –

Also sprach Apone murmelnd

190
Und bedeckt mit heißem Odem

Seines Wunderspiegels Runde,
Daß er trüb war und umfloret.

Und der rote Mond steigt blutend
Über Wolken auf im Osten;

195
Da er in den Spiegel funkelt,

Heult der schwarze Hund Apones.

Und der Meister wischt mit Fluchen
Von dem Spiegel seinen Odem:
„Will denn des Theaters Kuppel

200
Noch nicht auf in Flammen lodern?“


Er nimmt einen Schwefelkuchen
Und ein Glas voll goldnem Korne,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_098.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)