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Eilet zu Biondettens Brunnen,
Einen Eimer voll zu holen.

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Und ein kleiner blonder Junge

Hat den Eimer voll schon oben,
Spricht: „Geh hin und hilf, du Guter,
Traue auf die Allmacht Gottes!“

Bei der Kirche Sankt Proculens,

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Wo der Maler Guido wohnet,

Steht Meliore, heftig rufend:
„Komme, alter Guido, komme!

Werft die Äxte mir herunter:
Ich und du und deine Tochter

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Steigen auf des Brandes Kuppel,

Denn die Hilfe kömmt von oben!“

Und zum Feuer hingedrungen
Mit dem Meister und der Tochter,
Sieht aus einem Fenster, rufend:

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„Leitern, Hilfe!“ Jacopone.


Jacopone, der sein Bruder,
Hält die Gattin hoch erhoben,
Und um sie im Hintergrunde
Schon die roten Flammen lodern.

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„Rosarosa, spring herunter!

Weihe dich der Mutter Gottes,
Sie tut heut noch manches Wunder,
Hält in ihrer Hut die Frommen!“

Rosarosa springt im Fluge,

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Stürzt sich in den Arm Meliores;

Neben sie stürzt auch im Sprunge
Jacopone an den Boden.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_103.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)