Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 106.jpg

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Dumpfer schallte es von unten –
Es war schier, als sei er doppelt –

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Schwerer in dem halben Turme,

Als trüg man die Last nach oben.

Weiter oft der Tritt verstummet,
Denn der Träger holet Odem,
Endlich auf den letzten Stufen,

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Bald wird’s an der Türe klopfen.


Apo blicket durch die Stube,
Ob auch alles sei geordnet,
Jagt den Hund vom roten Stuhle,
Den er vor den Spiegel rollet.

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Und mit einem Kranz von Blumen,

Belladonna, Hundsviolen,
Frauenschuh und Eisenhute,
Kränzet er des Stuhles Stollen.

Zeichnet dann mit einer Rute

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In den Mehltau, auf dem Boden,

Seinem Gast zum bösen Gruße
Schnell ein magisches Willkommen.

Aber mitten in der Stube
Brennt an einem Totenkopfe,

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Der in grüner Urne ruht,

Eine zauberische Lohe.

Eine süße Laube duftend,
Von des Mondes Strahl durchflochten,
Scheint des Turmes rußge Stube,

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Als die Rosenflamme lodert.


Und die Flamme scheint ein Brunnen,
Funkelnd in des Mondes Wonne,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_106.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)