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Wundersüße Träume murmelnd
Durch den Duft wollüstger Rosen.

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Und es pocht. Herein zur Stube

Tritt der Famulus Apones,
Moles, seufzend ob dem Buche,
Das er anschleppt auf dem Kopfe.

„Du allein! Elender Bube!“

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Flucht entgegen ihm Apone,

„Prahler! ist dir nicht gelungen,
Was du frech mir zugeschworen?

Wo ist sie, die heilge Jungfer?
Hat ein andrer sie gewonnen?“ –

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„Meister, schone deine Zunge!“

Spricht und lacht der schlaue Moles.

„Du sitzt hier im Mondschein munkelnd
Bei wollüstger Brunnen Wonne,
Eine andere Laube funkelnd

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War um mich und andre Bronnen!


Trug ich gleich die süße Jungfer,
Sprach sie doch unselge Worte;
Ihr half eine andre Jungfer,
Der ich nicht bin mächtig worden.

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Auch sprang von des Hauses Kuppel

Auf mich ein der Meliore,
Und des Feuers wilde Zungen
Leckten mich bis auf den Knochen.

Aber dummer als das Dummste

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War der Weihewasserbronnen,

Den ein Mönch – im Höllenpfuhle
Durst er – auf mich ausgegossen.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_107.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)