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Und der Jude, einen Hunnen
Hat er um das Buch betrogen,

535
Der von einem Arzt beim Sturme

Von Cracovia es erobert.

Und der Arzt kam zu dem Buche
Durch die Erbschaft eines Kopten,
Dessen Stamm durch manch Jahrhundert

540
Es erhielt, Gott weiß wie, woher!


Doch daß über Adams Schulter
Einstens an dem dritten Morgen
Es ein Engel abschrieb munter,
Stehet auf dem letzten Bogen.“ –

545
„Wie kam Adam zu dem Buche?“ –

„Wisse, wann des Himmels Sonne
Und die Sterne gehn zur Schule,
Ist dies Büchlein in der Mode.

Da der Herr die Welt erfunden,

550
War die Welt von wenig Worten;

Alles war sehr kurz gebunden,
Auf die lange Bank geschoben.

Des Vokals belebend Wunder,
Ehgeheimnis der Diphthonge,

555
Und der Konsonanten Hunger

Lernt er draus zu Worten kochen.

In dem A den Schall zu suchen,
In dem E der Rede Wonne,
In dem I der Stimme Wurzel,

560
In dem O des Tones Odem,


In dem U des Mutes Fluchen,
Hat er aus dem Buch geholet,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_110.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)