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Wie von oben du nach unten,
Und von unten liest nach oben.

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Denn das ist des Buches Wunder,

Trotz dem Werk der Philosophen:
Du magst lesen drüber, drunter,
Immer gleich bleibt dir geholfen.

Weil auf Schlüssen es beruhet,

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Die von hinten aus nach vornen

Was nach oben, was nach unten
Ward verknüpfet, schnell entknoten.

Konsequenz allein ist Tugend,
Und das Ding verkehrt genommen,

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Was man kann, weil es gerundet,

Kann das Laster selbst uns frommen.

Hast du Kraft dazu gefunden,
Magst du immer unverhohlen
Schwimmen gen den Strom des Flusses,

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Streichen gen des Wuchs die Borsten.


So findst du der Freiheit Wurzel,
Dringst vom Abgrund du nach oben;
Allen Zwang hat überwunden,
Wer entwurzelt das Verbotne!“ –

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„Schweig mit der Moral der Hunde!“

Sprach beschämet nun Apone,
„Sage her des ersten Buches
Inhalt!“ – Und zu ihm spricht Moles:

„Du liest in dem ersten Buche,[1]

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Wie unendlich war ergossen

Or Haënsoph ohne Dunkel,
Ein unendlich Leuchten Gottes.

Anmerkungen des Herausgebers

  1. [400] Die hier vorgetragene Kosmologie Moles entstammt der Kabbala. Die hebräischen Worte bedeuten nach den Feststellungen M. Morris in seiner Ausgabe der Romanzen:
    Or Haënsoph: Licht des Unendlichen.
    Adam Kadmon: Der Uradam.
    Die zehn Kräfte Sephirote: Die zehn Zahlen oder Kräfte Gottes als Grundlagen alles Seins.
    Asia, das Machen die vier Arten der Wesensentstehung
    Briat, das Erschaffen
    Aziluth, das Erneuern
    Jezirah, das Bilden
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_123.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)