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Biondetta in dem Theater

Schwarze Damen, schwarze Herren
Wandeln durch Bolognas Straßen.
Werden sie zur Leiche gehen?
Wen bringt man so spät zu Grabe?

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Doch kein Priester wird gesehen,

Kreuz und Fahne nicht getragen;
Alles strömet laut und rege,
Und die schnellen Wagen rasseln.

Nicht zur Mette oder Vesper,

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Miserere, Salve, Ave,

Auch zu keiner Totenmesse:
Diese liest man nicht am Abend.

Nein, sie gehn zur letzten Ehre,
Trauernd all in schwarzer Farbe,

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Was sie lieben anzusehen

In die Runde des Theaters.

Denn die herrliche Biondette
Wird der Bühne heut entsagen,
Morgen dann den Schleier nehmen

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In der Kirche zu Sankt Claren.


Und der Schein unzähl’ger Kerzen
Füllet leuchtend schon die Hallen,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_145.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)