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Und dem Durstgen, daß er trinke,
Sei der Schatz die kühle Quelle.

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All ihr Bronnen, selig zielet

In die mondberauschten Becken;
Leis im West, ihr Blätter, spielet,
Um die Vöglein nicht zu wecken.

Nacht, in deines Zaubers Schlingen

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Soll sich Liebesscham verketten,

Unter lustbetauten Schwingen
Bräutliches Entzücken betten.

Was die Seele, was die Sinne
Hoch begeistert, tief erreget,

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Deines Glücksrads Lustgewinne

Seien alle ausgeleget.

Spinnet bei dem Mondenlichte
Eure feinsten Netze, Elfen,
Und die schlauen Zauberwichte,

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Alle Zwerge sollen helfen.


Felsbewohnende Sibyllen,
Leichte Nymphen flüchtger Quellen,
Einet alle euren Willen,
Diese Netze aufzustellen.

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Locket, locket, süßer singend,

In die Netze, ihr Sirenen,
Und den Tönen nicht gelingend,
Laßt gelingen es den Tränen.

Denn es will uns heut entfliehen

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Der melodischste der Schwäne,

Will zu heilgerm Himmel ziehen,
Daß sein Herz sich nicht mehr sehne.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_261.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)