Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 268.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Weiß und rot ist, den ich minne,
Golden sich sein Haupt erhebet;

235
Wenn ich seine Locken spinne,

Schwarz die Nacht den Mantel webet.

Seine Augen mich erquicken
Und die Seele mir erhellen,
Wie die Taubenaugen blicken

240
Zu den klaren Wasserquellen.


Wie Gewürze duftend, grüßen
Seiner Wangen Blumenzellen,
Süße Myrtenöle gießen
Seiner Lippen Rosenquellen.

245
Goldne Türkisringe zieren

Seine klaren Silberhände,
Elfenbeinern und saphieren
Trägt der Goldfuß seine Lende.

Und er stehet aufgerichtet,

250
Wie die Zedern auserwählet,

Wie der Libanon umlichtet,
Der dem Himmel sich vermählet.

Wie mein Saitenspiel, erklinget
Süß und lieblich seine Kehle,

255
Und zu seinen Lippen dringet

Lustberauschet meine Seele.

O, du Büschel süßer Myrrhen,
Zwischen meinen Brüsten hängend,
Sag, wo deine Schafe irren,

260
Sich im Mittagsstrahle drängend.


Töchter Zions, meine Bitte
Höret und den Freund mir wecket,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_268.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)