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Totenmesse – Meliore und Rosablanka beichten

Stille herrschet in den Straßen,
Und es rauscht ein Morgenwehn
Durch der Gärten Lustterrassen,
Wo die Blumen träumend stehn.

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Eine Perle, eine Träne

Legt es jeder in das Herz,
Und sie wenden also schöne
Ihre Kelche sonnenwärts.

Und es wehen ihre Düfte

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Durch die schlummerstille Stadt,

Durch die kühlen, regen Lüfte
Weht ein einsam Blütenblatt.

Und ein Vöglein aus der Linde
Flieget und das Blättlein fing,

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Glaubt es spielend in dem Winde

Einen bunten Schmetterling.

Läßt betrogen dann es fallen
In des Springbrunns Marmorrand,
Und er spielt mit süßem Lallen

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Mit dem süßen Frühlingstand.


Und der Vogel ohne Sorgen
Stürzet aus dem Bann der Nacht,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_295.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)