Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 309.jpg

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Und sie dankt dem Gnadenbilde
Ihrer Herde Rettung itzt,

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Das auch mit dem Wunderschilde

Sie in banger Flucht geschützt.

Und sie findet auf der Schwelle
Ihren Schäferstab und Hut,
Hierher führte ihn die Welle

420
Von dem Ort, wo sie geruht,


Die nun tiefer ab sich stürzet
Von der steilen Felsenwand,
Wo der Kräuter süß Gewürze
Nun von ihr erquicket stand.

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Und die Hirtin tritt ins Freie,

Von den Lämmern bang umdrängt,
Sieht, wie eine neue Weihe
Fels und Tal und Quell empfängt;

Wie der Quell von Felsengipfeln

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Stürzt und springt und widerspringt,

In der Schluchten Tannenwipfeln
Sich, ein kühner Jüngling, schwingt;

Wie der Wald sich ihm erbieget
Und in manchen Arm ihn flicht,

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Oder wie er stürmisch sieget

Und die Zweige niederbricht;

Und wie heilge Sonnenblicke
Bauen in dem Wasserschaum
Eine Regenbogenbrücke,

440
Friede sinket in den Traum.


Und der Adler, den dem Neste
Wild entstürzt die neue Flut,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_309.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)