Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 326.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Und dies macht so lang die Runde,
Bis der Faden aufgewunden.

325
„Ist das Fäßlein ausgetrunken,

Geb ich dir zum Eigentume
Des Getränkes schönen Brunnen!“
Spricht der König und erbleicht.

Denn schon durch die Kammer streicht

330
Bang die Taube, und es zucket

Schon der Hammer in dem Turme,
Drohend mit der zwölften Stunde.

Doch es schaukelt mit der Puppe,
Daß gewieget sie entschlummre,

335
Singt ein Lied, sie einzulullen,

Jetzt das klare Geisterweib:

„Hast du gleich kein Herz im Leib,
Hast du doch zwei ganze Schuhe.
Schlummre, schlummre, ruhe, ruhe,

340
Träume von der bunten Kuhe!


All die Bienlein, die gesummet
Zu den wunderlichen Blumen,
Belladonna, Frauenschuhe,
Um zu bilden deinen Leib,

345
Ziehen jetzt zum Zeitvertreib

In die lustge Rockenstube,
Wo die schlanken Wasserjungfern
Drüben bei dem grünen Sumpfe

An des Storches rotem Strumpfe

350
Stricken, und sie singen Wunder,

Hundert kunterbunte Wunder,
Von dem Meister Langebein.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_326.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)