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Der stille Ozean.

Die Stimmen unserer Nachtigallen sprühten in Funken durch deine Dämmerung
Und in den Knospen gährte es, wie in Musik, beim Aufblühen. Schläge der Herzen, Schläge der Ruder …
Im Takelwerk klang dein Morgenwind und goldig sich spiegelnd
Zog vorbei die Erde wie ein Ufer königlicher Herrlichkeit.

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Vor uns jedoch und über uns, ob deiner Tiefen Rätselhauch

Brannte der stille Ozean von tausend Bahnen unsichtbarer Welten;
Und zarter stets, wie der Wasserfälle Rauschen im Gehör der Kranken,
Ergoß sich das Leid der Erde, der auf ewig verlorenen, in unseren Gedanken.

Und ihrer Blüten dachten wir, der liebbegierig duftenden,

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Im verborgenen Feuer angefacht, wie angenäherte Lippen;

An jeden Augenblick der Liebe, wie die irrende Biene, läutend,
Wenn sie an’s Glas der Fenster wie an vereiste Himmelsgewölbe anstößt.

An Worte mitleidigen Hinneigens, Extasen heiliger Glut
Und an der Seele Engelsstimm’, wenn wallend Blut sie machtvoll stillt;

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Und an der Seher Traumgesicht, worin wie windgepeitschter Staub

Unter den Rädern deines Triumphwagens Millionen von Sternen ersprüh’n.

An der Sonne besänftigend Lächeln in der Tage verzweifeltem Müh’n,
Wenn plötzlich auf den Dingen sie auflodert, wie die Vergoldung rätselhafter Inschriften,
An den freundlichen Blick der Bewirterin von Scharen, wenn Fruchtsaaten

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Am Horizont aufschimmern, wie Brode weißumstrahlt, auf Schüsseln von Jaspis.
Empfohlene Zitierweise:
Otokar Březina: Hände. Moriz Frisch, Wien 1908, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BrezinaH%C3%A4nde43.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)