Seite:Burney - Tagebuch einer musikalischen Reise 3. Bd 1773.pdf/181

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zugegeben werden, daß Se. Majestät den goldnen Zeitpunkt des Augustus in der Musik gewählt hätten, so scheint es doch nicht, daß Dieselben den besten Komponisten aus diesem Zeitpunkte Dero Gunst geschenkt haben. Vinci, Pergolese, Leo, Feo, Händel und viele andre, welche in den besten Zeiten von Quantz und Graun geblühet haben, halte ich für grösser an Genie und Geschmack als sie. - Und dennoch sind die Namen Graun und Quantz zu Berlin heilig, und wird mehr darauf geschworen, als auf Luther und Calvin.

Unterdessen giebt es zu Berlin so gut, wie anderwärts, Spaltungen; nur sind die Ketzer genöthigt ihre Meynungen geheim zu halten, indessen daß die herrschende Parthey frey und laut spricht. Denn obgleich hier in Ansehung der verschiedenen christlichen Religionsmeynungen eine völlige Toleranz herrscht, so ist doch derjenige, der nicht graunisch und quantzisch ist, vor Verfolgung nicht sicher.

Die Musik hier zu Lande ist deutscher als in irgend einer andern Gegend des deutschen Reichs. Denn ob hier gleich beständig zur Carnavalszeit italiänische Opern sind, so dürfen doch keine andre aufgeführt werden, als von Graun, Agricola oder Hasse, und von diesem Letzten und Besten nur sehr wenige. Und der König hält in dem Opernhause eben sowohl auf gute Mannszucht