Seite:Burney - Tagebuch einer musikalischen Reise 3. Bd 1773.pdf/237

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und Privatconcerten den freyen Zutritt erlaubte. Das half mir einigermaassen seinen Geschmack und seine Phantasie zu erklären, denn Locatelli besaß beydes in einem hohen Grade; und ob er gleich grosses Vergnügen an solchen eigensinnigen Schwierigkeiten fand, welche keine Hand eben so leicht ausführte, als sie sein Kopf dachte, so hatte er doch so richtige Kenntnisse von den Grundsätzen der Harmonie, daß er dadurch solche wilde Züge angenehm zu machen wußte, die unter weniger geschickten Händen würden unausstehlich gewesen seyn.

Herr Pothoff scheint nicht allein sehr viel Gutes aus dem Unterrichte und Beyspiele des Locatelli genommen zu haben, sondern auch im Punkte des verfeinerten Geschmacks mit neuern Meistern im Schritte geblieben zu seyn. Indessen konnten weder Fleiß noch Nachahmung einen solchen Tonkünstler gebildet haben, als Herr Pothoff ist, der ein grosses Maaß von dem göttlichen Enthusiasmuß besitzt, welcher nur allein einen Artisten über die Schranken der Mittelmässigkeit hinaussetzen, und dadurch, daß er sein eignes Gefühl stark macht, ihm das Vermögen ertheilen kann, andern seine Empfindungen mitzutheilen.

Er ist verheyrathet und hat Kinder; und ob er gleich nicht mehr jung und dabey stockblind ist, läuft er doch die engen Orgeltreppen so behende auf