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Verhaftungen ergeben, viel nichtswürdiges Gesindel befunden haben, müssen mit aller Energie zur Ruhe gebracht werden, was denn auch durch die Communalgarde geschehen ist. Die Untersuchungen werden hoffentlich ergeben, wer die Anstifter dieses nichtswürdigen Unfuges sind.

Ein neues Ministerium ist am 16. d. gebildet, es besteht aus Dr. Braun, Justiz- und provisorisch Cultusminister; von der Pfordten, Minister des Innern und provisorisch der ausw. Angelegenheiten; Georgi, Finanzminister, und Oberst Graf v. Holbendorff, prov. Kriegsminister. Die ersten Verfügung desselben, von Sr. Majestät dem König genehmigt, sind: Aufhebung des außer ordentlichen Landtages; Beeidigung des Militairs auf die Verfassung; Aufhebung der Censur für immer, ein Preßgesetz ohne das System der Concessionen und Cautionen; Reform der Rechtspflege auf Grundlage der Mündlichkeit und Oeffentlichkeit, in Strafsachen Geschwornengericht; Reform des Wahlgesetzes; Anerkennung des Vereinsrechtes mit Repressivbestimmungen wegen Mißbrauch; gesetzliche Ordnung der kirchlichen Verhältnisse im Geiste der Duldung und Paritât; Antrag auf Revision des Vereinszolltarifs; kräftige Mitwirkung zu zeitgemäßer Gestaltung des deutschen Bundes mit Vertretung des Volkes bei demselben. In Dresden herrscht darüber allgemeiner Jubel und heute, Sonntag, wo die Beeidigung des Militairs stattfinden soll, wird allgemein illuminirt werden. Aber auch im ganzen Lande wird eben so große Freude darüber herrschen und die Bewohner werden gewiß nicht unterlassen, dieselbe auf diese oder jene ruhige Weise zu äußern.

Aus Leipzig hört man noch nicht, welchen Eindruck diese neusten Erlasse gemacht, doch ist dies nicht schwer zu errathen. Nach der Zurückziehung des Militairs aus der unmittelbaren Nähe ist es dort ruhig und Alles geht den gewöhnlichen Gang. Die eingegangenen freiwilligen Beiträge zu Bewaffnung der neu ins Leben gerufenen Compagnien zu Unterstützung der Communalgarde erreichen bereits die Summe von 550 Thlr. 10 Ngr. Der freimuthige, allgemein geachtete Vorsteher der Stadtverordneten, Werner, erhielt von denselben als Zeichen der Verehrung einen silbernen Becher. Ingleichen Robert Blum von dem Gesellenverein.

Deutschland. Die in Folge der Pariser Ereignisse überall herrschende Bewegung hat nun auch Oesterreich ergriffen. Wien ist in Aufstand. Derselbe kam am 13. Márz zum Ausbruch. – Die Studenten, welche sich an die Spitze der Bewegung gestellt, hatten eine Schrift an den Kaiser aufgesetzt, worin sie Preßfreiheit, academische Freiheit u. noch einige andere von den allgemeinen deut- schen Forderungen verlangten. Als man sie zu lange auf Antwort warten ließ, brach der Sturm los, das Volk schloß sich den Studenten an und man demolirte das Ständehaus. Die Läden wurden geschlossen; das mit Patronen versehene Militair vermochte den Strom nicht mehr zu hemmen. Auf der Wallerstraße wurde auf das Volk gefeuert; es fielen dort 7 Todte. Die ganze Bürgerschaft Wiens hatte sich erhoben. Man verlangte laut Entfernung des Fürsten Metternich, dieses Unterdrückers jeder freien Regung in Oesterreich, ja man kann sagen in ganz Deutschland, sowie eine freisinnige Constitution. In mehren Theilen der Stadt hörte man Kanonendonner und Pelotonfeuer und beim Abgange der Eisenbahn am 13. zählte man schon 19 Todte und 14 Verwundete. Aber Alles dies half Nichts, das Volk ließ fich durch diese barbarischen Gewaltschritte nicht schrecken, es beharrte auf seinen Forderungen und hat endlich Alles gewährt erhalten. Metternich, der mit seiner verderblichen Politik nur zu lange ganz Deutschland am Gångelbande geführt hat, ist durch das Volk gestürzt worden und mußte eiligst Reis- aus nehmen. Er kann nun mit seinem Collegen Guizot und Andern dieser Farbe einen eigenen Staat, vielleicht in Japan, bilden, um dort, wo die alte Dummheit noch herscht, seine glänzenden politischen Idee'n zu Ende zu führen. – Also die Forderungen des Volkes sind gewährt, Preßfreiheit und am 15. März eine Constitution für Desterreich und seine Erbländer gegeben, die Bildung einer Nationalgarde gestattet und den Bürgern Wiens die Zeughäuser zur Bewaffnung geöffnet wor-

Empfohlene Zitierweise:
Krausche, Carl Samuel: Camenzer Wochenschrift, 19. März 1848. C. S. Krausche, Kamenz 19. März 1848, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Camenzer_Wochenschrift_1848-03-19.pdf/2&oldid=- (Version vom 4.1.2024)