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wenn sie das Christkind nur wie ein anderes Kind in gleichgültiger Handlung darstellten, doch in sein Gesicht einen genialen Ausdruck zu legen, einen die Jahre des Kindesalters weit überschreitenden Geist. Bei Raphael ist dieser Ausdruck nicht immer heilig genug und kann man zweifeln, ob aus dem Kinde ein Christus oder Napoleon werden soll.

Vom Verhältniss Gott des Sohnes zu Gott dem Vater und dem Geiste wird im Art. Dreieinigkeit besonders zu handeln seyn. In Bezug auf das Verhältniss zum Vater allein ist zu bemerken, dass die Kirche gegenüber den Häresien eben so fest und bestimmt hier gegen die Arianer die Gleichheit, wie dort gegen Manichäer und Gnostiker die Verschiedenheit beider vertheidigen musste. „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort, Dasselbige war im Anfang bei Gott und alle Dinge sind durch Dasselbige gemacht.“ Joh. 1, 1. Epheser 3, 9. „Ehe denn Abraham war, war ich.“ Joh. 8, 58. 17, 5. „Niemand kennt den Sohn, als nur der Vater, und Niemand den Vater, als nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren.“ Matth. 11, 27. In diesem Sinne werden auf Dreieinigkeitsbildern der Vater und Sohn häufig vollkommen gleich dargestellt, bald beide in der ältern Gestalt des Vaters, bald beide in der jüngern des Sohnes. In diesem Sinne darf auch einmal Christus dem Samuel erscheinen, denn von Ewigkeit her, wie der Vater, wirkte er auch schon vor seiner irdischen Geburt. Didron, man. p. 107. Vgl. Olshausen II. 41.

Aber die Gleichheit schliesst eine Verschiedenheit der Personen in sich, sonst wäre es überhaupt nur eine einzige. „Nicht meinen Willen,“ spricht der Sohn, „gilt es, sondern den Willen meines Vaters.“ Joh. 5, 30. 6, 38. Nur der Sohn hat gedient und gelitten, nicht der Vater (daher die Lehre der Patripassianer von der Kirche verworfen wurde). In diesem Sinne erscheint der Sohn auf Bildern der Dreieinigkeit dem Vater untergeordnet, als der jüngere neben dem älteren, als König neben dem Kaiser; auch als Kind, nackt und nur durch den Kreuznimbus ausgezeichnet, vor dem mit

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_182.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)