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lange gelebt haben, gleichfalls Einfluss auf sie; denn während der fürchterlichen Epidemie des gelben Fiebers in Demerara im Jahre 1837 fand Dr. Blair, dass das Sterblichkeitsverhältniss der Eingewanderten proportional den Breitegraden des Landes war, aus dem sie gekommen waren. Bei dem Neger lässt die Immunität, soweit sie das Resultat einer Acclimatisation ist, auf ein ungeheuer lange wirksames Ausgesetztsein schliessen; denn die Ureinwohner des tropischen America, die dort seit unvordenklichen Zeiten gewohnt haben, sind nicht exempt vom gelben Fieber; Mr. H. B. Tristram führt an, dass es Bezirke in Nordafrica gibt, welche die eingeborenen Einwohner jedes Jahr zu verlassen gezwungen sind, wogegen die Neger mit Ruhe dort bleiben können.

Dass die Immunität des Negers in irgendwelchem Grade mit der Farbe seiner Haut in Correlation stehe, ist eine blosse Conjectur; sie kann ebensogut mit irgend einer Verschiedenheit in seinem Blute, seinem Nervensysteme oder andern Geweben in Correlation sein. Nichtsdestoweniger schien mir diese Vermuthung nach den oben angezogenen Thatsachen und in Folge des Umstands, dass ein Zusammenhang zwischen dem Teint und einer Neigung zur Schwindsucht offenbar besteht, nicht unwahrscheinlich zu sein. In Folge dessen versuchte ich, aber mit wenig Erfolg,[1] zu bestimmen, wie weit sie Gültigkeit habe. Der


  1. Im Frühjahr des Jahres 1862 erhielt ich vom General-Director des medicinischen Departements der Armee die Erlaubniss, den verschiedenen Regimentsärzten im auswärtigen Dienste eine Tabelle zum Ausfüllen mit den folgenden dazu gefügten Bemerkungen zu schicken. Ich habe aber keine Antwort erhalten. „Da mehrere gut ausgesprochene Fälle bei unsern domesticirten Thieren beschrieben worden sind, wo eine Beziehung zwischen der Farbe der Hautanhänge und der Constitution bestand, und es notorisch ist, dass in einem einigermaassen beschränkten Grade eine Beziehung zwischen der Farbe der Menschenrassen und dem von ihnen bewohnten Clima besteht, so scheint die folgende Untersuchung wohl der Betrachtung werth: nämlich, ob bei Europäern zwischen der Farbe ihrer Haare und ihrer Empfänglichkeit für die Krankheiten der Tropenländer irgend eine Beziehung besteht. Wenn die Aerzte der verschiedenen Regimenter, während sie in ungesunden tropischen Districten stationirt sind, die Freundlichkeit haben wollten, zuerst als Maassstab der Vergleichung zu zählen, wie viele Leute in dem Truppentheile, von welchem die Kranken herkommen, dunkle und hell gefärbte Haare und Haare einer mittleren oder zweifelhaften Färbung haben; und wenn dann von demselben Arzte ein ähnlicher Bericht über alle die Leute geführt würde, welche an Malaria- und gelbem Fieber oder an Dysenterie leiden, so würde es sich sehr bald ergeben, nachdem Tausende von Fällen tabellarisch zusammengestellt sein würden, ob zwischen der Farbe des Haares und der constitutionellen Empfänglichkeit für Tropenkrankheiten irgend eine Beziehung existirt. Vielleicht lässt sich keine derartige Beziehung nachweisen, die Untersuchung ist aber wohl
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/268&oldid=- (Version vom 31.7.2018)