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wie in der Gruppe der Waldhühner, bei denen die Männchen des polygamen Auerhuhns und des Birkhuhns bedeutend von den Weibchen abweichen, während die Geschlechter des monogamen Moor- und schottischen Schneehuhns nur sehr wenig von einander abweichen. Unter den Laufvögeln bieten, wenn man die trappenartigen ausnimmt, nur wenig Species scharf markirte sexuelle Verschiedenheiten dar, und man sagt, dass die grosse Trappe (Otis tarda) polygam sei. Unter den Wadvögeln weichen nur äusserst wenige Arten sexuell von einander ab; aber der Kampfläufer (Machetes pugnax) bietet eine sehr auffallende Ausnahme dar und Montagu glaubt, dass diese Art polygam sei. Hiernach wird es daher ersichtlich, dass bei Vögeln oft eine nahe Beziehung zwischen Polygamie und der Entwickelung scharf markirter sexueller Verschiedenheiten besteht. Als ich Mr. Bartlett, welcher über Vögel so bedeutende Erfahrung besitzt, im zoologischen Garten frug, ob der männliche Tragopan (einer der Gallinaceen) polygam sei, überraschte mich seine Antwort: „Ich weiss es nicht, ich sollte es aber nach seinen glänzenden Farben wohl meinen“.

Es verdient Beachtung, dass der Instinct der Paarung mit einem einzigen Weibchen im Zustande der Domestication leicht verloren geht. Die wilde Ente ist streng monogam, die domesticirte Ente stark polygam. Mr. W. D. Fox theilt mir mit, dass bei einigen halb gezähmten Wildenten, welche auf einem grossen Teiche in seiner Nachbarschaft gehalten wurden, so viele Entriche von den Wildhütern geschossen wurden, dass nur einer für je sieben oder acht Weibchen übrig gelassen wurde, und doch wurden ganz ungewöhnlich grosse Bruten erzogen. Das Perlhuhn lebt in stricter Monogamie. Mr. Fox findet aber, dass dieser Vogel am besten fortkommt, wenn man auf zwei oder drei Hennen einen Hahn hält. Die Canarienvögel paaren sich im Naturzustande; aber die Züchter in England bringen mit vielem Erfolge nur ein Männchen zu vier oder fünf Weibchen. Ich habe diese Fälle angeführt, da sie es wahrscheinlich machen, dass Arten, die im Naturzustande monogam sind, sehr leicht entweder zeitweise oder beständig polygam werden können.

In Bezug auf die Reptilien und Fische muss bemerkt werden, dass zu wenig von ihrer Lebensweise bekannt ist, um uns in den Stand zu setzen, von ihren Hochzeitsarrangements zu sprechen. Man sagt indess, dass der Stichling (Gasterosteus) ein Polygamist sei,[1]


  1. Noel Humphreys, River Gardens, 1857.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/302&oldid=- (Version vom 31.7.2018)