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Mr. Spence Bate scheint bei sechs gemeinen Britischen Krabben, deren Namen er mir mitgetheilt hat, das Umgekehrte der Fall zu sein.

Das relative Verhältniss der Geschlechter in Bezug auf natürliche Zuchtwahl.

Wir haben Grund zu vermuthen, dass der Mensch in manchen Fällen durch Zuchtwahl indirect sein eignes, geschlechterzeugendes Vermögen verloren hat. Gewisse Frauen neigen dazu, während ihres ganzen Lebens mehr Kinder des einen Geschlechts hervorzubringen als des andern; dasselbe gilt für viele Thiere, z. B. für Kühe und Pferde. So theilt mir Mr. Wright von Yeldersley House mit, dass eine seiner arabischen Stuten, trotzdem sie sieben Male zu verschiedenen Hengsten gebracht wurde, sieben Stutenfüllen producirte. Obgleich mir sehr wenig Belege hierüber zu Gebote stehen, führt mich die Analogie doch zu der Annahme, dass die Neigung eines der beiden Geschlechter zu erzeugen ebenso wie fast jede andere Eigenthümlichkeit vererbt wird, z. B. wie die, Zwillinge zu erzeugen. Was die erwähnte Neigung betrifft, so hat mir Mr. J. Downing, eine zuverlässige Autorität, Thatsachen mitgetheilt, welche zu beweisen scheinen, dass dies bei gewissen Familien von Shorthorn-Rindvieh vorkommt. Colonel Marshall[1] hat neuerdings nach sorgfältiger Untersuchung gefunden, dass die Todas, ein Bergvolk Indiens, aus 112 männlichen und 84 weiblichen Individuen von allen Altern bestehen, das ist im Verhältniss von 133,3 Männern zu 100 Weibern. Die Todas, welche bei ihren ehelichen Verbindungen polyandrisch sind, übten während frühern Zeiten ausnahmslos weiblichen Kindsmord; diese Sitte ist aber jetzt eine beträchtliche Zeit lang ausser Gebrauch gekommen. Von den innerhalb der letzten Jahre gebornen Kindern sind die Knaben zahlreicher als die Mädchen, und zwar im Verhältniss von 124 zu 100. Colonel Marshall erklärt diese Thatsache in der folgenden ingeniösen Weise: „Wir wollen behufs der Erläuterung drei Familien als Repräsentanten des Mittelzustandes des ganzen Stammes annehmen. Eine Mutter erzeuge sechs Töchter und keine Söhne, eine zweite Mutter habe nur sechs Söhne, während die dritte drei Söhne und drei Töchter habe. Nach dem Gebrauchthum des Stammes tödtet die erste Mutter vier Töchter und erhält zwei; die zweite erhält ihre sechs


  1. The Todas, 1873. p. 100, 111, 194, 196.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 335. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/349&oldid=- (Version vom 31.7.2018)