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und dann verzehrt wurde, ein Anblick, welcher ihn, wie er hinzusetzt, mit Schrecken und Indignation erfüllte“.[1] O. P. Cambridge[2] erklärt die ganz ausserordentliche Kleinheit des Männchens bei der Gattung Nephila in der folgenden Art. „M. Vinson gibt eine anschauliche Schilderung der behenden Art und Weise, in welcher das diminutive Männchen der Wildheit des Weibchens dadurch entgeht, dass es auf dessen Körper und riesenhaften Gliedmaassen herumgleitet und Verstecken spielt. Offenbar sind bei einer solchen Verfolgung die Chancen des Entkommens für die kleinsten Männchen am günstigsten. Allmählich wird in dieser Weise eine diminutive Rasse von Männchen zur Zucht ausgewählt worden sein, bis sie dann zuletzt zur möglich geringsten, mit der Ausübung ihrer geschlechtlichen Functionen noch verträglichen Grösse zusammenschrumpften, in der That wahrscheinlich zu der Grösse, in der wir sie jetzt sehen, d. h. so klein, dass sie eine Art von Parasit auf dem Weibchen sind und entweder zu klein, um von diesem beachtet, oder zu behend und zu klein, um von ihm ohne grosse Schwierigkeit ergriffen zu werden“.

Westring hat die interessante Entdeckung gemacht, dass die Männchen mehrerer Arten von Theridion[3] die Fähigkeit haben, einen schwirrenden Laut hervorzubringen, während die Weibchen völlig stumm sind. Der Stimmapparat besteht aus einer gesägten Leiste an der Basis des Hinterleibes, gegen welche der harte hintere Theil des Thorax gerieben wird; und von dieser Bildung konnte bei den Weibchen nicht die Spur entdeckt werden. Es verdient Beachtung, dass mehrere Schriftsteller, mit Einschluss des bekannten Arachnologen Walckenaer, erklärt haben, dass Spinnen von Musik angelockt werden.[4] Nach Analogie mit den im nächsten Capitel zu beschreibenden Orthoptern und Homoptern können wir wohl mit Sicherheit annehmen, dass die Stridulation, wie Westring bemerkt, dazu dient, das Weibchen entweder zu rufen oder anzuregen; und dies ist, soviel mir bekannt ist,


  1. Kirby und Spence, Introduction to Entomology. Vol. I. 1818, p. 280.
  2. Proceed. Zoolog. Soc. 1871, p. 621.
  3. Theridion (Asagena Sund.) serratipes, quadripunctatum et guttatum. s. Westring in: Kröyer, Naturhist. Tidskrift Bd. IV. 1842—1843, S. 349 und And. Raekk. Bd. II. 1846-1849, S. 342. s. auch in Betreff anderer Species Araneae Suecicae, p. 184.
  4. Dr. H. H. van Zouteveen hat in seiner Holländischen Uebersetzung dieses Werkes (Bd. I, p. 444) mehrere Fälle gesammelt.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/372&oldid=- (Version vom 31.7.2018)