das Weibchen von H. janira, welches einen auffallenden hellbraunen Fleck auf seinen Flügeln hat; und die Weibchen einiger von den andern Arten sind heller gefärbt als ihre Männchen. Ferner haben die Weibchen von Colias edusa und hyale „orange oder gelbe Flecke auf dem schwarzen Randsaume, die bei den Männchen nur durch dünne Striche angedeutet sind“; bei Pieris sind es die Weibchen, welche „mit schwarzen Flecken auf den Vorderflügeln verziert sind, dieselben sind bei den Männchen nur theilweise vorhanden“. Nun weiss man, dass die Männchen vieler Schmetterlinge die Weibchen während ihres Hochzeitsfluges tragen; in der eben genannten Art aber sind es die Weibchen, welche die Männchen tragen, so dass die Rollen, welche die beiden Geschlechter spielen, umgekehrt sind, wie es auch ihre relative Schönheit ist. Durch das ganze Thierreich hindurch stellen die Männchen bei der Werbung den thätigeren Theil dar, und ihre Schönheit scheint dadurch erhöht worden zu sein, dass die Weibchen die anziehenderen Individuen angenommen haben; bei diesen Schmetterlingen indessen übernehmen bei der endlichen Hochzeitsceremonie die Weibchen die thätigere Rolle, so dass wir annehmen dürfen, dass sie dies auch bei der Werbung thun. In diesem Falle können wir sehen, woher es kommt, dass sie die schöneren geworden sind. Mr. Meldola, dem die vorstehenden Angaben entnommen sind, sagt zum Schluss: „Obschon ich von der Wirksamkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl beim Hervorbringen der Farben bei Insecten nicht überzeugt bin, kann es doch nicht geleugnet werden, dass diese Thatsachen Mr. Darwin’s Ansicht auffallend bestätigen“.[1]
Da geschlechtliche Zuchtwahl an erster Stelle von Variabilität abhängt, so müssen ein paar Worte über diesen Gegenstand noch hinzugefügt werden. In Bezug auf die Farbe besteht hier keine Schwierigkeit, da äusserst variable Lepidoptern in beliebiger Zahl angeführt werden können. Ein einziges gutes Beispiel wird hier genügen. Mr. Bates zeigte mir eine ganze Reihe von Exemplaren von Papilio Sesostris und Childrenae. Bei der letzteren Art variirten die Männchen sehr in der Grösse des schön emaillirten grünen Fleckes auf den
- ↑ Nature. 27. Apr. 1871, p. 508. Meldola citirt Donzel in: Soc. Ent. de France. 1837, p. 77, über den Flug des Schmetterlings während der Paarung, s. auch G. Fraser in: Nature. 20. Apr. 1871, p. 489, über die sexuellen Verschiedenheiten mehrerer englischen Schmetterlinge.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 417. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/431&oldid=- (Version vom 31.7.2018)