abgesprungene Feuersteinstücke zu glatten Werkzeugen zu poliren. Ein menschenähnliches Thier, welches eine Hand und einen Arm besass, hinreichend vollkommen, um einen Stein mit Genauigkeit zu werfen oder einen Feuerstein in ein rohes Werkzeug zu formen, konnte bei hinreichender Uebung, wie sich wohl kaum zweifeln lässt, fast Alles machen, soweit nur mechanische Geschicklichkeit in Betracht kommt, was ein civilisirter Mensch machen kann. Die Structur der Hand lässt sich in dieser Beziehung mit der der Stimmorgane vergleichen, welche bei den Affen zum Ausstossen verschiedener Signalrufe oder, wie in einer Species, musikalischer Cadenzen gebraucht werden. Aber beim Menschen sind völlig ähnliche Stimmorgane, in Folge der vererbten Wirkungen des Gebrauchs, der Aeusserung articulirter Sprache angepasst worden.
Wenden wir uns nun zu den nächsten Verwandten des Menschen und daher auch zu den besten Repräsentanten unserer früheren Urerzeuger, so finden wir, dass die Hände bei den Vierhändern nach demselben allgemeinen Plane wie bei uns gebaut sind, aber viel weniger vollkommen verschiedenartigen Gebräuchen angepasst. Ihre Hände dienen nicht so gut wie die Füsse eines Hundes zur Locomotion, wie wir bei denjenigen Affen sehen können, welche auf den äusseren Rändern der Sohlen oder auf dem Rücken ihrer gebogenen Finger gehen, wie der Schimpanse und Orang.[1] Indessen sind ihre Hände für das Erklimmen von Bäumen wunderbar geeignet. Affen ergreifen dünne Zweige oder Taue mit dem Daumen auf der einen und den Fingern und der Handfläche auf der andern Seite, in derselben Weise wie wir es thun. Sie können auch ziemlich grosse Gegenstände, wie den Hals einer Flasche, zu ihrem Munde führen. Paviane wenden Steine um und scharren Wurzeln mit ihren Händen aus. Sie ergreifen Nüsse, Insecten oder andere kleine Gegenstände so, dass dabei der Daumen den übrigen Fingern gegenübergestellt wird, und ohne Zweifel ziehen sie in dieser Weise Eier und junge Vögel aus den Nestern. Amerikanische Affen schlagen die wilden Orangen auf Zweige auf bis die Rinde geborsten ist und zerren diese dann mit den Fingern ihrer beiden Hände ab. Sie schlagen im wilden Zustande harte Früchte mit Steinen auf. Andere Affen öffnen Muschelschalen mit den beiden Daumen. Mit ihren Fingern ziehen sie Dornen und Grannen aus und suchen einander die
- ↑ Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 71.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/78&oldid=- (Version vom 31.7.2018)