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Schmarotzer ab. Sie rollen Steine herab oder werfen sie nach ihren Feinden. Nichtsdestoweniger führen sie aber diese verschiedenen Handlungen ungeschickt aus, und wie ich selbst gesehen habe, sind sie vollständig ausser Stande, einen Stein mit Präsision zu werfen.

Es scheint mir durchaus nicht wahr zu sein, dass, weil „Gegenstände nur ungeschickt von Affen erfasst“ werden, ein viel weniger „specialisirtes Greiforgan“ ihnen ebensogut gedient haben würde,[1] als ihre gegenwärtigen Hände. Im Gegentheil, ich sehe keinen Grund zu zweifeln, dass eine noch vollkommener construirte Hand für sie ein Vortheil gewesen wäre, vorausgesetzt, und es ist von Wichtigkeit, dies hervorzuheben, dass ihre Hände damit für das Erklettern von Bäumen nicht weniger geschickt geworden wären. Wir dürfen vermuthen, dass eine so vollkommene Hand wie die des Menschen von Nachtheil für das Klettern gewesen wäre, da die am meisten auf Bäumen lebenden Affen in der Welt, nämlich Ateles in America, Colobus in Africa und Hylobates in Asien, entweder keine Daumen oder ihre Finger zum Theil mit einander verwachsen haben, so dass ihre Hände in blosse Greifhaken verwandelt worden sind.[2]

Sobald irgend ein frühes Glied in der grossen Reihe der Primaten in Folge einer Veränderung der Art und Weise seine Subsistenz zu erlangen oder einer Veränderung in den Bedingungen seines Heimathlandes dazu gelangte, etwas weniger auf Bäumen und mehr auf dem Boden zu leben, würde seine Art, sich fortzubewegen, modificirt worden sein; und in diesem Falle wird die Form entweder noch eigentlicher vierfüssig oder strenger zweifüssig haben werden müssen. Paviane bewohnen bergige oder felsige Districte und klettern nur nothgedrungen auf hohe Bäume,[3] sie haben daher auch fast die Gangart eines Hundes angenommen. Nur der Mensch ist ein Zweifüsser geworden; und wir können, wie ich glaube, zum Theil sehen, wie er dazu gekommen ist, die aufrechte Stellung zu erhalten, welche eines seiner auffallendsten


  1. Quarterly Review. April, 1869, p. 392.
  2. Bei Hylobates syndactylus sind, wie der Name es bezeichnet, zwei Finger regelmässig verwachsen; dasselbe ist, wie mir Mr. Blyth mittheilt, gelegentlich mit den Fingern von H. agilis, lar und leuciscus der Fall. Colobus ist im strengsten Sinne Baumthier und ausserordentlich lebhaft (Brehm, Thierleben. Bd. 1. S. 50); ob er aber ein besserer Kletterer als die Arten der verwandten Gattungen ist, weiss ich nicht. Es verdient Erwähnung, dass die Füsse der Faulthiere, der vollständigsten Baumthiere der Welt, wunderbar hakenförmig sind.
  3. Brehm, Thierleben. Bd. 1. S. 80.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/79&oldid=- (Version vom 31.7.2018)