Flügel nun zur Entfaltung ausgebreitet werden, da dies manche Vögel thun, deren Flügel nicht schön sind. Dies ist der Fall mit dem Haushahn, doch ist es hier stets der Flügel auf der dem Weibchen entgegengesetzten Seite, welcher ausgebreitet und gleichzeitig auf dem Boden hingefegt wird. Der männliche Stieglitz benimmt sich von allen andern Finken ganz verschieden. Seine Flügel sind schön, die Schultern sind schwarz und die schwarzspitzigen Flügelfedern mit Weiss gefleckt und mit Goldgelb gerändert. Wenn er dem Weibchen den Hof macht, schwingt er seinen Körper von der einen Seite nach der andern und dreht seine leicht ausgebreiteten Flügel schnell herum, zuerst auf die eine, dann auf die andere Seite, wobei ein goldener Glanz über sie fällt. Wie Mr. Weir mir mittheilt, dreht sich kein anderer britischer Finke während seiner Bewerbung in dieser Weise von Seite zu Seite, nicht einmal der nahe verwandte männliche Zeisig thut es, denn er würde dadurch nichts seiner Schönheit zufügen.
Die meisten der britischen Ammern sind einfach gefärbte Vögel. Im Frühjahre erhalten aber die Federn auf dem Kopfe des männlichen Rohrsperlings (Emberiza schoeniclus) eine schöne schwarze Farbe durch Abstossung der grauen Spitzen, und diese werden während des Actes der Bewerbung aufgerichtet. Mr. Weir hat zwei Arten von Amadina aus Australien gehalten. Die A. castanotis ist ein sehr kleiner und bescheiden gefärbter Finke mit einem dunklen Schwanze, weissem Rumpfe und glänzend schwarzen oberen Schwanzdeckfedern, von welchen letzteren jede einzelne mit drei grossen, auffallenden, ovalen, weissen Flecken gezeichnet ist.[1] Wenn das Männchen dieser Species das Weibchen umwirbt, breitet es leicht diese zum Theil gefärbten Schwanzdeckfedern aus und macht sie in einer sehr eigenthümlichen Weise erzittern. Die männliche Amadina Lathami benimmt sich sehr verschieden hiervon, indem sie ihre brillant gefärbte Brust und ihren scharlachenen Rumpf und die scharlachenen oberen Schwanzdeckfedern vor dem Weibchen entfaltet. Ich will hier nach Dr. Jerdon hinzufügen, dass der indische Bulbul (Pycnonotus haemorrhous) carmoisinrothe untere Schwanzdeckfedern hat, und die Schönheit dieser Federn kann, wie man denken möchte, niemals gut entfaltet werden. „Wird aber der Vogel erregt, so breitet er sie oft seitwärts aus, so dass
- ↑ Wegen der Beschreibung dieser Vögel s. Gould, Handbook to the Birds pf Australia. Vol. I. 1865, p. 417.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/101&oldid=- (Version vom 31.7.2018)