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denselben Bäumen einfinden, aber wenn die Jäger nicht speciell darnach gefragt werden, werden sie wahrscheinlich deren Anwesenheit nicht erwähnen, da ihre Bälge werthlos sind. Kleine Gesellschaften eines africanischen Webervogels (Ploceus) versammeln sich während der Paarungszeit und führen stundenlang ihre graciösen Evolutionen aus. Die grosse Bekassine (Scolopax major) versammelt sich während der Dämmerung in grossen Zahlen in einem Sumpfe, und ein und derselbe Ort wird zu demselben Zwecke während aufeinanderfolgender Jahre besucht. Hier kann man sie umherlaufen sehen, „wie so viele grosse Ratten“, mit ausgebreiteten Federn, ihre Flügel schlagend und die fremdartigsten Geschreie ausstossend.[1]

Einige der oben erwähnten Vögel, nämlich der Birkhahn, der Auerhahn, der Tetrao phasianellus, der Kampfläufer, die grosse Bekassine und vielleicht noch einige andere, leben, wie man annimmt, in Polygamie. Bei solchen Vögeln hätte man glauben können, dass die stärkeren Männchen einfach die schwächeren forttreiben und dann sofort sich in den Besitz so vieler Weibchen als möglich setzen würden. Wenn es aber für das Männchen unerlässlich ist, das Weibchen zu reizen oder demselben zu gefallen, so können wir den Grund der längeren Dauer der Bewerbung und der Versammlung so vieler Individuen beider Geschlechter an einem und demselben Orte wohl verstehen. Gewisse Species, welche in strenger Monogamie leben, halten gleichfalls Hochzeitszusammenkünfte. Dies scheint in Scandinavien mit einem der Schneehühner der Fall zu sein; und deren Leks dauern von Mitte März bis Mitte Mai. In Australien errichtet der Leyervogel (Menura superba) kleine runde Hügel und die M. Alberti scharrt sich flache Höhlen aus oder, wie sie von Eingeborenen genannt werden, Probirplätze, wo sich, wie man annimmt, beide Geschlechter versammeln. Die Versammlungen der Menura superba sind zuweilen sehr gross, und neuerdings hat ein Reisender eine Schilderung veröffentlicht,[2] wonach er in einem unter ihm befindlichen Thale, welches dicht mit Strauchwerk bedeckt war, ein „Klingen hörte, welches


  1. In Bezug auf die Versammlungen der oben erwähnten Waldhühner s. Brehm, Thierleben, Bd. 4, S. 350; auch L. Lloyd, Game Birds of Sweden, 1867, p. 19, 78. Richardson, Fauna Bor. Americana, Birds, p. 362. Belegstellen in Bezug auf die Versammlungen anderer Vögel sind früher angeführt worden. Ueber Paradisea s. Wallace, in: Annals and Magaz. of Natur. Hist., 2. Ser. Vol. XX, 1857, p. 412. Ueber die Bekassinen: Lloyd, a. a. O. p. 221.
  2. citirt von T. W. Wood, in: „Student“, April 1870, p. 125.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/107&oldid=- (Version vom 31.7.2018)