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dieser Fälle lassen sich vielleicht dadurch erklären, dass einzelnlebende Vögel keinen Genossen ihrer eigenen Art finden, um sich mit ihm zu paaren. Bei andern Vögeln glaubt Mr. Jenner Weir Grund zu der Vermuthung zu haben, dass Bastarde zuweilen das Resultat eines gelegentlichen Verkehrs von Vögeln sind, welche in dichter Nachbarschaft bauen. Aber diese Bemerkungen lassen sich nicht auf die vielen angeführten Beispiele von gezähmten oder domesticirten Vögeln anwenden, welche, trotzdem sie zu verschiedenen Species gehörten und mit Individuen ihrer eigenen Species lebten, absolut vernarrt in einander waren. So erzählt Waterton,[1] dass aus einer Heerde von dreiundzwanzig Canada-Gänsen sich ein Weibchen mit einem einzeln lebenden Bernikel-Gänserich paarte, trotzdem dieser in der äusseren Erscheinung und der Grösse so verschieden ist, und sie brachten wirklich hybride Nachkommen hervor. Man hat die Erfahrung gemacht, dass eine männliche Pfeifente (Mareca penelope), welche mit Weibchen ihrer eigenen Species lebte, sich mit einer Spiessente (Querquedula acuta) paarte. Lloyd beschreibt die merkwürdige Anhänglichkeit zwischen einer männlichen Brandente (Vulpanser tadorna) und einer gemeinen Ente. Viele weitere Beispiele könnten hier noch angeführt werden. Mr. E. S. Dixon bemerkt, dass „diejenigen, welche viele verschiedene Species zusammengehalten haben, sehr wohl wissen, welche unerklärliche Verbindungen dieselben häufig eingehen und dass sie völlig ebenso gern sich mit Individuen einer Rasse oder Species paaren und Junge erziehen, welche ihrer eigenen so fremdartig als möglich ist, als mit ihrer eigenen Stammform“.

Mr. W. D. Fox theilt mir mit, dass er einmal gleichzeitig ein Paar chinesischer Gänse (Anser cygnoides) und einen gemeinen Gänserich mit drei Gänsen besass. Die beiden Gruppen lebten völlig getrennt von einander, bis der chinesische Gänserich eine der gemeinen Gänse verführte, mit ihm zu leben. Ausserdem waren von den aus den Eiern der gemeinen Gänse ausgebrüteten Jungen nur vier reinen Blutes. Die andern achtzehn erwiesen sich als Bastarde, so dass der


  1. Waterton, Essays on Natural History. 2. Series, p. 42. 117. Was die folgenden Angaben betrifft, so ist zu vergleichen: über die Pfeifente, Loudon's Magaz. of Natur. Hist. Vol. XI, p. 616. L. Lloyd, Scandinavian Adventures. Vol. I. 1854, p. 452. Dixon, Ornamental and Domestic Poultry, p. 137. Hewitt, in: Journal of Horticulture, Jan. 13., 1863, p. 40. Bechstein, Stubenvögel. 1840, S. 230. Mr. J. Jenner Weir hat mir neuerdings einen analogen Fall von Enten zweier verschiedener Arten mitgetheilt.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/119&oldid=- (Version vom 31.7.2018)