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überzeugt, dass der Fasan ohne Ausnahme die älteren Vögel vorzieht. Er scheint nicht im Mindesten von ihrer Farbe beeinflusst zu werden, ist aber „in seinen Neigungen äusserst launisch“.[1] In Folge irgend einer unerklärbaren Ursache zeigt er die allerentschiedenste Aversion gegen gewisse Hennen, welche keine Sorgfalt von Seiten des Züchters überwinden kann. Manche Hennen sind, wie Mr. Hewitt mir mittheilt, völlig ohne irgendwelche Anziehung selbst für Männchen ihrer eigenen Species, so dass sie mit mehreren Hähnen ein ganzes Jahr hindurch gehalten werden können, und nicht ein Ei unter vierzig oder fünfzig erweist sich als fruchtbar. Auf der anderen Seite ist bei der langschwänzigen Eisente (Harelda glacialis), wie Ekström sagt, „beobachtet worden, dass gewisse Weibchen mehr umworben werden als die übrigen. In der That sieht man häufig ein Individuum von sechs oder acht verliebten Männchen umgeben“. Ob diese Angabe glaubhaft ist, weiss ich nicht. Aber die Jäger des Landes schiessen diese Weibchen, um sie als Lockvögel auszustopfen.[2]

In Bezug auf den Umstand, dass weibliche Vögel eine gewisse Vorliebe für gewisse Männchen fühlen, müssen wir im Auge behalten, dass wir darüber, ob eine Wahl ausgeübt wird, nur nach Analogie urtheilen können. Wenn ein Bewohner eines anderen Planeten eine Anzahl junger Landleute auf einem Jahrmarkte erblickte, wie sie mit einem hübschen Mädchen schön thäten und sich um dasselbe zankten, wie Vögel auf einem ihrer Versammlungsplätze, so würde er aus dem Eifer der Bewerber, ihm zu gefallen und ihren Staat vor ihm zu entfalten, den Schluss ziehen, dass das Mädchen das Vermögen der Wahl habe. Nun liegt bei den Vögeln der Beweisapparat gerade so: sie haben scharfes Beobachtungsvermögen und scheinen einen gewissen Geschmack für das Schöne sowohl in Bezug auf die Farbe als auf Töne zu besitzen. Es ist sicher, dass Weibchen gelegentlich aus unbekannten Ursachen die stärkste Antipathie und stärkste Vorliebe für gewisse Männchen zeigen. Wenn die Geschlechter in der Farbe und gewissen Verzierungen von einander abweichen, so sind mit seltenen Ausnahmen die Männchen die am meisten verzierten, und zwar entweder für immer oder nur zeitweise während der Zeit der Paarung. In der Gegenwart der Weibchen entfalten sie eifrig ihre verschiedenen


  1. Mr. Hewitt, citirt in Tegetmeier's Poultry Book. 1866, p. 165.
  2. Citirt in Lloyd's Game Birds of Sweden, p. 345
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/127&oldid=- (Version vom 31.7.2018)