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dass das Männchen die Pflicht des Ausbrütens auf sich nimmt; denn Mr. Swinhoe[1] fand die Weibchen vor Ende des Sommers zu Heerden versammelt, wie es mit den Weibchen von Turnix vorkommt.

Die Weibchen von Phalaropus fulicarius und Ph. hyperboreus sind grösser und in ihrem Sommergefieder „lebhafter in ihrer Erscheinung als die Männchen“. Doch ist die Verschiedenheit in der Farbe zwischen den Geschlechtern durchaus nicht augenfällig. Nur das Männchen von Ph. fulicarius übernimmt nach Professor Steenstrup die Verpflichtung des Brütens, wie es sich auch durch den Zustand seiner Brustfedern während der Brütezeit ergibt. Das Weibchen des Morinell-Regenpfeifers (Eudromias morinellus) ist grösser als das Männchen, und die rothen und schwarzen Farbentöne auf der untern Fläche, der weisse halbmondförmige Fleck auf der Brust und die Streifen oberhalb der Augen sind bei ihm stärker ausgesprochen. Auch nimmt das Männchen wenigstens am Ausbrüten der Eier Theil; aber auch das Weibchen sorgt für die Jungen.[2] Ich bin nicht im Stande gewesen zu ermitteln, ob bei diesen Arten die Jungen den erwachsenen Männchen in bedeutenderem Grade ähnlich sind als den erwachsenen Weibchen; denn die Vergleichung ist wegen der doppelten Mauserung etwas schwierig anzustellen.

Wenden wir uns nun zu der Ordnung der Strausse: Jedermann würde das Männchen des gemeinen Casuars (Casuarius galeatus) für das Weibchen zu halten geneigt sein, da es kleiner ist und die Anhänge und die nackten Hautstellen am Kopfe viel weniger hell gefärbt sind; auch hat mir Mr. Bartlett mitgetheilt, dass es im zoologischen Garten sicher allein das Männchen ist, welches auf den Eiern sitzt und die Sorge um die Jungen übernimmt.[3] Mr. T. W. Wood gibt


  1. Ibis, 1866, p. 298.
  2. In Bezug auf diese verschiedenen Angaben s. Gould, Birds of Great Britain. Professor Newton theilt mir mit, er sei nach seinen eigenen Beobachtungen wie nach denen Anderer schon lange überzeugt gewesen, dass die Männchen der oben genannten Species entweder zum Theil oder vollständig die Pflicht der Bebrütung auf sich nehmen und „dass sie im Falle einer Gefahr eine viel grössere Hingabe an ihre Jungen zeigen, als es die Weibchen thun“. So ist es auch, wie er mir mittheilt, mit der Limosa lapponica und einigen wenigen andern Wadvögeln der Fall, bei welchen die Weibchen grösser sind und viel schärfer contrastirende Farben besitzen als die Männchen.
  3. Die Eingeborenen von Ceram behaupten (Wallace, Malay Archipelago, Vol. II, p. 150), dass das Männchen und das Weibchen abwechselnd auf den Eiern sitzen; diese Angabe ist aber, wie Mr. Bartlett glaubt, so zu erklären, dass das Weibchen das Nest besucht, um seine Eier abzulegen.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/203&oldid=- (Version vom 31.7.2018)