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ist dies nicht zu verwundern, da sie von Vererbung abhängen, welche in höherem oder geringerem Grade in dreierlei verschiedener Weise beschränkt ist, nämlich durch das Geschlecht, das Alter und die Jahreszeit. In einigen Fällen durchlaufen die Individuen einer und der nämlichen Species mindestens fünf verschiedene Zustände des Gefieders. Bei den Species, in welchen das Männchen allein während der Sommerzeit oder, was der seltenere Fall ist, während beider Jahreszeiten[1] vom Weibchen verschieden ist, gleichen die Jungen allgemein den Weibchen, — so bei dem sogenannten Stieglitz von Nordamerica und dem Anscheine nach bei den prachtvollen Maluri von Australien.[2] Bei den Species, deren Geschlechter sowohl während des Sommers als auch während des Winters einander gleichen, können die Jungen den Erwachsenen ähnlich sein, und zwar erstens in deren Winterkleide, zweitens, doch tritt dies viel seltener ein, in ihrem Sommerkleide; drittens können sie zwischen diesen beiden Zuständen mitten inne stehen; und viertens können sie bedeutend von den Erwachsenen zu allen Jahreszeiten abweichen. Ein Beispiel des ersten dieser vier Fälle sehen wir an einem der Silberreiher von Indien (Buphus coromandus), bei welchem die Jungen und die Erwachsenen beider Geschlechter während des Winters weiss sind, die Erwachsenen aber während des Sommers goldröthlich werden. Bei dem Klaffschnabel (Anastomus oscitans) von Indien haben wir einen ähnlichen Fall, nur sind hier die Farben umgekehrt; denn die Jungen und die Erwachsenen beiderlei Geschlechts sind während des Winters grau und schwarz und die Erwachsenen werden während des Sommers weiss.[3] Ein Beispiel des zweiten Falls bietet der Tord-Alk (Alca Torda L.) dar; die Jungen sind in einem frühen Zustande des Gefieders wie die Erwachsenen während des Sommers gefärbt; und die Jungen des weissgekrönten Sperlings von Nordamerica (Fringilla leucophrys) haben, sobald sie flügge geworden sind, elegante weisse Streifen auf ihren Köpfen, welche


  1. Wegen erläuternder Fälle s. Macgillivray, History of British Birds, Vol. IV; über Tringa u. s. w. p. 229, 271; über den Machetes, p. 172; über Charadrius hiaticula, p. 118; über Charadrius pluvialis, p. 94.
  2. Wegen des Stieglitz (Golddistelfink) von Nordamerica, Fringilla tristis L., s. Audubon, Ornitholog. Biography, Vol. I, p. 172; wegen der Maluri: Gould's Handbook to the Birds of Australia. Vol. I, p. 318.
  3. Ich bin Mr. Blyth für Mittheilungen in Bezug auf Buphus dankbar verbunden; s. auch Jerdon, Birds of India, Vol. III, p. 749. Ueber den Anastomus s. Blyth, in: Ibis, 1867, p. 173.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/215&oldid=- (Version vom 31.7.2018)