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Unwahrscheinlichkeit, als dass der männliche Argusfasan und einige andere Vögel mit so langen Schmuckfedern versehen sind, dass ihr Flug dadurch gehindert wird.

In derselben Weise, wie nur die Männchen verschiedener Species schwarz sind, während die Weibchen trübe gefärbt erscheinen, sind auch in wenigen Fällen allein die Männchen entweder gänzlich oder theilweise weiss, wie bei den verschiedenen Glockenvögeln von Süd-America (Chasmorhynchus), der antarctischen Gans (Bernicla antarctica), dem Silberfasane u. s. w., während die Weibchen braun oder trübe gefleckt sind. Es ist daher nach demselben obenerwähnten Grundsatze wahrscheinlich, dass beide Geschlechter vieler Vögel, wie weisse Kakadu's, mehrere Silberreiher mit ihren wunderschönen Schmuckfedern, gewisse Ibisse, Möven, Seeschwalben u. s. w. ihr mehr oder weniger völlig weisses Gefieder durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt haben. Das weisse Gefieder einiger der ebengenannten Vögel erscheint in beiden Geschlechtern nur, wenn sie geschlechtsreif sind. Dies ist bei gewissen Tölpeln, Tropikvögeln u. s. w. und mit der Schneegans (Anser hyperboreus) der Fall. Da die letztere auf den nackten Bodenstellen brütet, wenn sie nicht mit Schnee bedeckt sind, und während des Winters nach Süden wandert, so liegt kein Grund zu der Vermuthung vor, dass ihr erwachsenes schneeweisses Gefieder zum Schutze dient. In dem vorhin erwähnten Klaffschnabel, Anastomus oscitans, haben wir einen noch besseren Beweis dafür, dass das weisse Gefieder ein hochzeitlicher Character ist, denn es wird nur während des Sommers entwickelt; die Jungen in ihrem unreifen Zustande und die Erwachsenen in ihrem Winterkleide sind grau und schwarz. Bei vielen Arten von Möven (Larus) wird der Kopf und der Hals während des Sommers rein weiss, während er den Winter hindurch und im Jugendzustande grau oder gefleckt ist. Auf der andern Seite tritt bei den kleineren Möven (Gavia) und bei einigen Seeschwalben (Sterna) genau das Umgekehrte ein. Denn die Köpfe der jungen Vögel sind während des ersten Jahres und die der Erwachsenen während des Winters entweder rein weiss oder viel blässer gefärbt als während der Paarungszeit. Diese letzteren Fälle bieten ein weiteres Beispiel für die launische Art und Weise dar, in welcher die geschlechtliche Zuchtwahl häufig gewirkt zu haben scheint.[1]


  1. Ueber Larus, Gavia und Sterna s. Macgillivray, History of British Birds. Vol. V, p. 515, 584, 626. Ueber Anser hyperboreus s. Audubon, Ornitholog. Biography. Vol. IV, p. 562. Ueber den Anastomus s. Mr. Blyth in: Ibis, 1867, p. 173.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/225&oldid=- (Version vom 31.7.2018)