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der frommen Ergebung so wohl entsprechende Geberde zu sein, daß man meinen könne, sie sei angeboren. Doch habe ich keinen einzigen Beweis hierfür von den verschiedenen außereuropäischen Menschenrassen erhalten. Während der classischen Periode der römischen Geschichte war es nicht gebräuchlich, wie ich von einem ausgezeichneten Kenner des classischen Alterthums höre, daß die Hände in dieser Weise während des Gebets vereinigt wurden. Mr. Hensleigh Wedgwood hat allem Anscheine nach die richtige Erklärung gegeben,[1] obschon in ihr ausgedrückt wird, daß die Stellung eine der sclavischen Unterwürfigkeit ist. „Wenn der Betende kniet und seine Hände erhoben hält mit aneinander gelegten Handflächen, so stellt er einen Gefangenen dar, welcher die Vollständigkeit seiner Unterwerfung dadurch beweist, daß er seine Hände dem Sieger zum Binden darbietet. Es ist die bildliche Darstellung des lateinischen dare manus, um die Unterwürfigkeit zu bezeichnen.“ Es ist daher nicht wahrscheinlich, daß sowohl das Aufwenden der Augen als auch das Ineinanderlegen der geöffneten Hände unter dem Einflusse andächtiger Empfindungen angeborne oder wahrhaft ausdrucksvolle Handlungen sind und dies hätte man auch kaum erwarten können. Denn es ist sehr zweifelhaft, ob Empfindungen, welche wir jetzt als andachtsvolle auffassen, die Herzen von Menschen bewegten, als sie in vergangenen Zeiten noch in einem uncivilisirten Zustande verharrten.





  1. The Origin of Language, 1866, p. 146. Mr. Tylor (Early History of Mankind, 2. edit. 1870, p. 48) gibt einen complicirteren Ursprung für die Stellung der Hände während des Gebetes an.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/213&oldid=- (Version vom 31.7.2018)