Handlungen ausgeführt, so oft irgend welche analoge Empfindungen in unserer Seele entstehen.
Eifersucht, Neid, Geiz, Rache, Argwohn, List, Schlauheit, Schuld, Eitelkeit, Eingebildetsein, Ehrgeiz, Stolz, Demuth u. s. w. — Es ist zweifelhaft, ob die größere Zahl der eben erwähnten complicirten Seelenzustände durch irgend welchen feststehenden Ausdruck, der hinreichend deutlich wäre, um beschrieben oder gezeichnet zu werden, verrathen wird. Wenn Shakespeare von dem Neide als „hohläugig“ oder „schwarz“ oder „blaß“ und von der Eifersucht als „dem grünäugigen Ungeheuer“ spricht, und wenn Spenser den Argwohn als „faul, misgünstig und grimmig“ beschreibt, so müssen sie diese Schwierigkeit empfunden haben. Nichtsdestoweniger können die erwähnten Empfindungen — wenigstens viele von ihnen — durch die Augen entdeckt werden, z. B. Eingebildetsein. Wir werden aber häufig in einem höheren Grade, als wir vermuthen, durch unsere vorausgehende Kenntnis der Personen oder der Umstände geleitet.
Meine Frage, ob der Ausdruck der Schuld oder der List unter den verschiedenen Menschenrassen wieder erkannt werden kann, beantworten meine Correspondenten beinahe einstimmig bejahend; ich verlasse mich auch auf ihre Antwort, da sie allgemein verneinen, daß die Eifersucht in dieser Weise erkannt werden kann. In den Fällen, wo Einzelnheiten mitgetheilt werden, wird beinahe immer auf die Augen Bezug genommen. Von einem schuldigen Menschen wird gesagt, daß er es vermeide, seinen Ankläger anzusehen, oder daß er ihm nur verstohlene Blicke zuwerfe. Von den Augen wird gesagt, daß sie „schräg hinschielen“ oder daß sie „von einer Seite zur andern schwanken,“ oder daß die Augenlider gesenkt und theilweise „geschlossen“ sind. Letztere Bemerkung hat Mr. Hagenauer in Bezug auf die Australier und Gaika in Bezug auf die Kaffern gemacht. Die ruhelosen Bewegungen der Augen sind allem Anscheine nach, (wie dann noch erklärt werden wird, wenn wir von dem Erröthen sprechen werden), eine Folge davon, daß der Schuldige es nicht aushält, den Blick seines Anklägers zu ertragen. Ich will noch hinzufügen, daß ich bei einigen meiner eigenen Kinder in einem sehr frühen Alter einen Ausdruck der Schuld beobachtet habe ohne einen Schatten von Furcht. In einem Beispiele war der Ausdruck bei einem zwei Jahre und sieben Monate alten Kinde unverkennbar deutlich und führte zur
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/256&oldid=- (Version vom 31.7.2018)