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Entdeckung seiner kleinen Missethat. Er wurde, wie ich in meinen zu der Zeit niedergeschriebenen Bemerkungen notirt habe, durch ein unnatürliches Glänzen der Augen und durch eine merkwürdige, affectirte, unmöglich zu beschreibende Art und Weise dargestellt.

Auch die Schlauheit wird, wie ich glaube, hauptsächlich durch Bewegungen um die Augen dargestellt. Denn diese sind weniger unter der Controle des Willens in Folge der Gewalt lang andauernder Gewohnheit, als die Bewegungen des Körpers. Mr. Herbert Spencer,[1] bemerkt „wenn ein lebhaftes Verlangen vorhanden ist, etwas auf der einen Seite des Gesichtsfeldes zu sehen, ohne die Vermuthung aufkommen zu lassen, daß man es sieht, so tritt die Neigung ein, die auffallende Bewegung des Kopfes zu verhindern und die nothwendige Richtung ausschließlich den Augen zu überlassen, welche daher sehr stark nach der einen Seite hingewendet werden. Wenn folglich die Augen nach einer Seite gewendet werden, während das Gesicht nicht nach derselben Seite gedreht wird, so erhalten wir die natürliche Sprache dessen, was man Schlauheit nennt“.

Von allen den obengenannten complicirten Seelenbewegungen ist vielleicht der Stolz die am deutlichsten ausgedrückte. Ein stolzer Mensch drückt sein Gefühl der Überlegenheit über Andere dadurch aus, daß er seinen Kopf und Körper aufrecht hält. Er ist erhaben („haut“ oder hoch) und macht sich selbst so groß als möglich aussehend, so daß man metaphorisch von ihm sagt, er sei vor Stolz geschwollen oder ausgestopft. Man sagt zuweilen, daß ein Pfauhahn oder ein Truthahn, der mit aufgerichteten Federn umherstolzirt, ein Sinnbild des Stolzes sei.[2] Ein arroganter Mensch blickt auf Andere herunter und läßt sich kaum dazu herab, sie mit gesenkten Augenlidern anzusehen, oder er kann auch seine Verachtung durch unbedeutende Bewegungen ausdrücken wie die vorhin beschriebenen um die Nasenlöcher oder die Lippen herum. Der Muskel, welcher die untere Lippe vorzieht, ist daher der Musculus superbus genannt worden. In einigen Photographien von Patienten, die an der Monomanie des Stolzes litten und die mir Dr. Crichton Browne geschickt hat, wurde


  1. Principles of Psychology, 2. edit., 1872, p. 552.
  2. Gratiolet (De la Physionomie, p. 351) macht diese Bemerkungen und theilt auch einige gute Bemerkungen über den Ausdruck des Stolzes mit; s. auch Sir Ch. Bell (Anatomy of Expression, p. 111) über die Thätigkeit des Musculus superbus.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/257&oldid=- (Version vom 31.7.2018)