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von größter Wichtigkeit, herauszubekommen, wer jener Mann ist. Daß er zu den Feinden Durgassows gehört, nehme ich mit größter Bestimmtheit schon jetzt an. Und ich kann dem Zufall gar nicht genug danken, der mich auf den Fremden aufmerksam werden ließ.“

„Und wohin, meinen Sie, mag wohl mein Vater geflüchtet sein?“ fragte Frau Wieland jetzt eifrig, als Dreßler seine Erklärungen beendet hatte.

„Wohin? – Ja, liebe Freundin, das kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Ich habe aber die Überzeugung, daß Durgassow Ihnen recht bald irgendwie ein Lebenszeichen geben wird, – selbstverständlich wieder auf einen möglichst unauffällige Art.“

„Demnach hoffen Sie also auch, daß ihm vorläufig noch keine ernste Gefahr droht?“ meinte Maria zögernd.

„Vorläufig ganz sicher nicht,“ erwiderte Dreßler beruhigend. „Glauben Sie mir, liebe Freundin: Hätten die Feinde Ihres Vaters seine Spur bereits entdeckt, so würden Sie kaum noch für Ihr Haus ein so großes Interesse gezeigt haben. Gerade der Umstand, daß der Unbekannte so hartnäckig zu Durgassow Fenstern emporstarrte und dann mir, den er oben in Ihres Vaters Räumen gesehen hatte, heimlich nachging, spricht für meine Ansicht, daß Durgassows Flucht vollkommen geglückt ist und die Feinde seine Fährte verloren haben. Ich kann mich in dieser Annahme allerdings ja auch täuschen, wenn ich’s auch nicht annehme. Nun, – noch heute abend werde ich darüber Gewißheit erhalten. Jakob Wenzel ist ein geriebener Bursche und wird dem Fremden wie ein Schatten folgen.“

Wenige Minuten später verabschiedete sich Frau Maria, nachdem Dreßler ihr noch versprochen hatte, Karl Wieland gegenüber nichts von diesem Besuche und dem Inhalt ihrer Unterredung zu erwähnen. Maria schritt jetzt leichteren Herzens durch die Straßen. Hoffte sie doch nunmehr auf eine glückliche Lösung all der Schwierigkeiten, die sie noch vor einer

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Walther Kabel: Das Geheimnis eines Lebens. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Geheimnis_eines_Lebens.pdf/40&oldid=- (Version vom 31.7.2018)