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Seite:Das Relativitätsprinzip (Lehmann).djvu/13

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oder ruht, hat also die Strecke mehr zu durchlaufen. Bei der Rückkehr findet er aber den Punkt nicht mehr an seiner Stelle, denn infolge der Erdbewegung hatte sich dieser, als der Strahl bei auftraf, bis verschoben und bei der Rückkehr des Strahls nach . Der Mehrweg den der Strahl zu durchlaufen hat infolge der Erdbewegung ist somit . Ist die Strecke , die Geschwindigkeit der Erde , die des Lichtes , so ergibt sich durch einfache Rechnung falls in der Richtung der Erdbewegung liegt. Liegt es dagegen senkrecht dazu, so wird die Differenz . Der Unterschied dieser beiden Differenzen ist . Dieser Unterschied müßte sich bemerklich machen, wenn man zwei Strahlen, von welchen sich der eine in der Richtung der Erdbewegung, der andere in der Richtung senkrecht dazu fortbewegt hatte, zur Interferenz bringt.

Der Versuch ergab nun das höchst auffallende Resultat, daß eine solche Änderung der Interferenz der Lichtstrahlen nicht auftritt. Das Relativitätsprinzip, welches aussagt, daß wir stets nur relative, niemals absolute Bewegung der Körper beobachten und nachweisen können, gilt somit nicht nur in der Mechanik, sondern auch in der Elektrodynamik und Optik, also im Gesamtgebiet der Physik.

Bewegt sich z. B. ein Magnet in der Nähe eines ruhenden geschlossenen Leiters, so erzeugt er ein elektrisches Feld, in welchem Energie angehäuft ist, auf deren Kosten in dem Leiter ein Induktionsstrom entsteht. Ruht der Magnet und bewegt sich der Leiter, so entsteht ein solches elektrisches Feld nicht, es tritt aber eine elektromotorische Kraft auf, die genau denselben aber entgegengesetzten Induktionsstrom erzeugt. Bewegen sich beide zugleich, so heben sich die beiden Induktionsströme auf.

Damit ist ein neuer ungemein wichtiger Fundamentalsatz der Physik gewonnen, der sich hinsichtlich seiner Bedeutung anschließt an den Satz von der Unmöglichkeit eines Perpetuum mobile und dem auch ähnliche Fruchtbarkeit zukommen dürfte, insofern man nur nötig hat, Erscheinungen aufzusuchen, bei welchen sich, wenn auch nur theoretisch, die Existenz absoluter Bewegung z. B. der Erde geltend machen müßte. Der Ansatz, daß ein solcher

Empfohlene Zitierweise:
Otto Lehmann: Das Relativitätsprinzip der neue Fundamentalsatz der Physik. Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Karlsruhe, Bd. 23 (1909-1910), Karlsruhe 1911, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Relativit%C3%A4tsprinzip_(Lehmann).djvu/13&oldid=- (Version vom 11.8.2024)