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Erschrecken in seinen Mienen, sah, wie er sich bückte, sein Gesicht zu verbergen suchte. Und das Boot machte kehrt, ruderte zum Schiffe zurück. Er wollte mir also ausweichen.

Die Vergangenheit war lebendig geworden. Und vor dieser Vergangenheit flüchtete ich noch an demselben Tage nach München zurück.

Der, den ich meinen Gatten nennen muß, hat bis jetzt nichts von sich hören lassen. Ich fürchtete, daß er mir schreiben, vielleicht selbst zu mir kommen würde. Tage sind seitdem vergangen. Ich wage aufzuatmen.

Das ist meine Lebensgeschichte. Die letzten Absätze habe ich erst soeben hinzugefügt. Nun wissen Sie alles.“

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Langsam faltete Fritz Schaper die Briefbogen zusammen und schob sie in den Umschlag zurück.

„Armes Weib,“ sagte er leise, als er den Brief Heinz Gerster dann zurückreichte. „Ihr hat der richtige Berater gefehlt. Längst – längst hätte sie sich von diesem Schurken freimachen müssen. Allerdings auch ihre Furcht vor einem öffentlichen Skandal, den dieser Ehescheidungsprozeß sicher heraufbeschwören würde, ist verständlich.“

Der junge Schriftsteller nickte traurig vor sich hin.

„Wenn sie sich mir nur früher anvertraut haben würde,“ meinte er aufseufzend.

Schaper streckte ihm tröstend die Hand hin. „Lieber Gerster, daß die Frau es nicht tat, geschah doch nur deswegen, weil sie fürchtete, daß ein gewisser Jemand mit der Gattin eines solchen hartgesottenen Verbrechers nichts mehr gemein haben wolle. Die Frau liebt Sie. Und sie wollte sich wenigstens Ihre Freundschaft erhalten –“

„Welche Torheit, welche Kurzsichtigkeit,“ murmelte

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Das graue Gespenst. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_graue_Gespenst.pdf/62&oldid=- (Version vom 25.7.2016)