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Gelegenheit nütze und auch nach dem Kabinettbild Ausschau halte.

Der Schreibtisch Jörnsens ist aufgeklappt … Alle Behälter hier sind offen. Aber ich suche umsonst. Die elende Brille freilich finde ich. Sie liegt auf dem Bücherbrett, auf den Werken über Gold und Rutengängerkunst. Ich durchschnüffele Papiere, ich schäme mich fast … Aber hier gilt es, derartige Bedenken zurückzudrängen und alles daranzusetzen, endlich vielleicht einen Teil der Rätsel zu lösen.

Was ich flüchtig an Geschriebenem und Gedrucktem prüfe, bezieht sich lediglich auf den Fischer Holger Jörnsen aus Trelleborg … Schließlich gebe ich diese Spioniererei auf.

Als ich mit der Brille an Deck erscheine, sind meine beiden Pfleglinge eingeschlafen. Jörnsen schnarcht sogar … Frau Helga hat sich die Decke bis an die Augen gezogen. Ihr graues Haar hängt ihr wie ein Schleier über der Stirn. Ich lege die Brille in ihren Schoß und schleiche hinweg, – in unsere Kammer, unsere: Gerdas und meine Kammer …! –

Schweige!! – So hat Gerda geschrieben. Wenn ich schweigen, also lügen soll, dann muß alles verschwinden, was verraten könnte, daß ich hier nicht allein die drei Tage gehaust habe …

Ich werde schweigen und lügen. Gerda steht mir näher als jeder andere Mensch. Selbst als Boche Boche. Was gehen mich im Grunde die Jörnsens an?! Nichts! Sie haben mich mitgenommen, weil sie „einen ganzen Kerl“ brauchten – zwei ganze Kerle, zwei, die dem Schicksal hohnlachend ins wandlungsfähige Gesicht spucken, wenn’s nötig.

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/115&oldid=- (Version vom 31.7.2018)