statt einer jeden Zahl eine konjugierte Zahl einsetzen. Sind insbesondere alle aus einem vorgelegten Ideal auf diese Weise entstehenden konjugierten Ideale mit dem vorgelegten Ideal identisch, so nenne ich das Ideal ein ambiges Ideal. Dieser Begriff des ambigen Ideals ist ein wesentliches Hilfsmittel meines Beweises. Von einem ambigen Ideal gilt der Satz:
I. Wenn ein ambiges Ideal nach einem Primideal ist, so sind alle Zahlen von durch teilbar, wo die zu gehörige Primzahl bedeutet.
In der Tat, wenn eine Zahl des Ideals ist, so gehören auch die zu konjugierten Zahlen dem Ideal an; dieselben sind folglich sämtlich nach dem Primideal . Nun sei
die Gleichung -ten Grades mit ganzen rationalen Koeffizienten , welcher die Zahl genügt. Diese Koeffizienten sind als homogene Funktionen der Wurzeln der Gleichung ebenfalls nach dem Primideal und mithin nach Satz 5 durch teilbar. Die Zahl genügt der Gleichung
und da die Koeffizienten dieser Gleichung sämtlich ganze algebraische Zahlen sind, so ist auch eine ganze algebraische Zahl.
Ferner läßt sich für ein ambiges Ideal leicht die Richtigkeit des folgenden Satzes erkennen:
II. Wenn ein ambiges Ideal nach einem Primideal ist, so gibt es immer eine rationale Zahl von der Art, daß die Zahlen des Ideals durch , aber nicht sämtlich durch eine höhere ganze oder gebrochene Potenz von teilbar sind.
Zum Beweise wähle man eine beliebige Zahl des Ideals ; dieselbe genüge der Gleichung -ten Grades
wo allgemein eine ganze rationale Zahl bedeutet, welche durch die ganze Potenz , aber durch keine höhere Potenz von teilbar ist. Die kleinste der Zahlen werde genannt. In allen anderen Zahlen des Ideals denke man sich in gleicher Weise die zugehörigen rationalen Zahlen bestimmt. Da die Nenner dieser rationalen Zahlen die Zahl nicht übersteigen, so gibt es unter ihnen notwendig eine kleinste Zahl; ist etwa diese kleinste Zahl, dann erfüllt die Zahl die Bedingungen des Satzes. Denn erstens sind offenbar sämtliche Zahlen des Ideals durch teilbar. Zweitens nehmen wir an, es wären sämtliche Zahlen des
David Hilbert: David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie. Julius Springer, Göttingen 1932, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Hilbert_Gesammelte_Abhandlungen_Bd_1.djvu/26&oldid=- (Version vom 31.7.2018)