Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen: Deß Weltberuffenen Simplicissimi Pralerey und Gepräng mit seinem Teutschen Michel | |
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grosse Weißheit gesamblet / empfindet aber auch mehrere Gebrechlichkeiten als die unbesonnene Jugend! auff daß es nit zu auffgeblasen werde; Man sagt / je gelehrter je verkehrter; und weiß noch nicht / ob Demostnenes und Cicero mit ihrer Witz und Wolredenheit dem gemeinen Nutz mehr geschadet oder genutzet haben?
Gleichwie wir aber das Gute selten erkennen / und das / was uns zur Demuth / dem Fundament aller Tugenden / weiset / noch langsamer annehmen; Also bilden sich theils Sprachkündige ein / wollen auch andere Leuth so bereden / sie allein hören das Graß wachsen; Ist aber ein irriger Wahn und grosser Fehler unserer Zeit / wann man ungezweiffelt darvor halten will / es müsse ein jeder Teutscher Weltmann nothwendig Latein: Frantzöß: und Sclavonisch: Ein jeder Geistlicher aber neben seinem Latein auch Griechisch und Hebraeisch verstehen / reden und schreiben können / soll man anders jenen vor klug und erfahren: diesen aber vor gelehrt genug halten; gleichsam als wann GOtt Weißheit und Verstand / ja alle
Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen: Deß Weltberuffenen Simplicissimi Pralerey und Gepräng mit seinem Teutschen Michel. o.A., Nürnberg 1673, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De%C3%9F_Weltberuffenen_Simplicissimi_Pralerey_und_Gepr%C3%A4ng_mit_seinem_Teutschen_Michel.djvu/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)