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Einrichtungen müssen auf den Durchschnitt berechnet sein. Ungewöhnlich befähigte Mädchen hat es immer gegeben, aber ihrer sind wenige. Ihnen sollte man nichts in den Weg legen, im Gegentheile man soll ihnen den Weg erleichtern und ihnen alle Thüren offen lassen. Jedem Talente freie Bahn, aber nicht unnütze Massendressur! Ist schon die Mehrzahl der Knaben zur „humanen“ Bildung ziemlich übel qualificirt, so weist die Natur die Mädchen erst recht auf das practisch Brauchbare hin. Beschränkt man sich darauf, die Mädchen nach der Volksschule in dem zu unterrichten, was ihnen im Leben nützlich ist, in Handarbeiten, Haushalt, Kinderpflege, in Kenntniss der öffentlichen Einrichtungen des Staates, der Gemeinde, der Kirche, der im Leben hauptsächlich benutzten technischen Dinge, der Geldgeschäfte, und was etwa noch in Betracht kommen mag, so werden sie leicht lernen, und das Gelernte behalten. Sprachen müssen so gelernt werden, wie das Kind sprechen lernt, nicht „wissenschaftlich“. Die Ueberwachung der Lectüre kann den Literatur-Unterricht ersetzen. Vor einiger Zeit hat eine Dame den guten Vorschlag gemacht, für die Mädchen eine einjährige Dienstzeit einzuführen, d. h. sie eine Zeit lang zu irgend einer nützlichen Dienstleistung zu commandiren. Wenn ich mich recht erinnere, ist dabei hauptsächlich an Krankenpflege gedacht worden. Indessen sollte man diese nicht zu sehr betonen, sie fordert besondere Eigenschaften, und es wäre nicht gut, wenn der Lazarethduft das ganze Leben durchzöge. Die Hauptsache bleibt denn doch die Kinderpflege. Eigentlich sollte jedes Mädchen mit 20, spätestens mit 25 Jahren in Ehren ihr Kind haben. Jetzt haben manche junge Mütter zu viele und die grosse Zahl der Unverehelichten hat gar keine Kinder. Da sollten die Kinderlosen den Kinderreichen helfen und den armen Müttern, die sich oft über ihre Kräfte abplagen, zur Seite stehen. Wie das zu machen wäre, kann ich hier freilich nicht auseinandersetzen, man wird mir sowieso längst zurufen, der Schuster solle beim Leisten bleiben. Ich breche daher ab und wiederhole nur: Schützt das Weib gegen den Intellectualismus.


Empfohlene Zitierweise:
Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold, Halle a. S. 1903, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/44&oldid=- (Version vom 31.7.2018)