Seite:De Arndt Mährchen 1 258.jpg

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sehr reichen Königs und einer sehr schönen Königin. Nun war da eine Hexe, die wußte vorher, daß die Königin kein anderes Kind mehr gebähren würde und daß diese junge Prinzessin einmal das Reich erben und Königin darin seyn würde. Diese alte Hexe hatte einen einzigen Sohn, der war lahm und sehr häßlich. Ihr kam er aber sehr schön vor, weil er ihr Sohn war, und sie dachte, daß es doch was Feines sey, wenn sie ihm einmal die schöne Prinzessin zur Frau verschaffen könnte und das Königreich obenein als Mitgift. Darauf hatte sie oft viel hin und her gesonnen und endlich ihren ganzen Anschlag fertig gemacht. Eines Tages, als der König und die Königin mit der kleinen dreijährigen Prinzessin im Rosengarten spazieren gingen, siehe da hatte die alte Hexe sich in eine Wölfin verwandelt, sprang in den Rosengarten hinein, nahm die kleine Prinzessin in den Rachen und lief mit ihr davon. Der König und die Königin schrieen Hülfe! Hülfe! und liefen nach; aber die Wölfin war mit dem Kinde über alle Berge und kein Mensch konnte sie einholen und ihr das Kind wieder abjagen. Alle Menschen glaubten, es sey von ihr aufgefressn, und der König und die Königin betrauerten es wie ein todtes. Es lebte aber gottlob noch und es lebte auf die allerlustigste Weise. Die alte Hexe hatte in einem wilden Thale, das

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_258.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)