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würdiger Eidam, und das sind eure niedlichen kleinen Enkelein; und sie werden sich schon darin finden müssen und ich werde eine Großmutter von Königen und von Königinnen werden. Juchhe! – So hat die alte Hexe gehofft, doch ist es ihr nicht alles nach Wunsch gerathen.

Die kleine Prinzessin hieß Gunhilde und war des Königs von Schweden Töchterlein. Sie spielte, da sie ihre Aeltern und die dunkeln Erinnerungen ihrer Kindheit bald vergaß, recht fröhlich unter den Blumen und Bäumen herum und wußte in dem ewigen Frühlinge, worin sie sich erging, nicht von den Plagen und Bosheiten dieser argen Welt. Nur wenn sie das kleine Wiegenlied sang von Lilien und den Englein, ward sie wohl auf einen Augenblick traurig; aber dieser Eindruck verwehte so leicht, als Tropfen, die im Sommer auf Blumen fallen, von dem Sonnenwinde weggeblasen werden. So vergingen ihr in eitel Freuden und in den lustigsten Kinderspielen unter Blumen und Vögeln Monate wie Sekunden und Jahre wie Minuten. Und sie war zwölf Jahre alt geworden, und war eine rechte Blume der Schönheit, schlank wie eine Lilie und frisch wie eine Rose. Und sie wäre in all ihrer Unschuld wohl die Frau des lahmen und garstigen Hexenunholds geworden, wenn Gott es nicht anders gewendet hätte. Dieser

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_261.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)