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Und Mariechen mußte immer ein heiteres Gesichtchen dazu machen und es alles in sich verbeissen, und durfte sich nicht merken lassen, welche unsägliche Schmerzen sie litt. Sonst hätten die Leute wohl mal zusehen wollen, ob sie an ihrer Brust auch einen heimlichen Schaden hätte. Den Schaden aber, den sie da hatte, wollte sie keinen sehen lassen. Dabei hatte das arme Kind noch eine Sehnsucht in der Brust, die von Tage zu Tage gewaltiger ward und die sie oft viele Nächte nicht schlafen ließ, so daß sie ganz krank und blaß ward und daß Mutter Else bedenklich kopfschüttelte und alle Leute flüsterten, was es doch mit Mariechen seyn möge, die sonst ein so munteres und rosenrothes Kind gewesen und nun aussehe wie der Schnee im März. Sie durfte aber davon nicht sprechen sondern duldete alles in stiller Treue und hielt es redlich aus mit der Kröte, bis das Jahr um war.

Und als das Jahr um war, da war ein schöner Sommerabend und Mariechen saß unter der Eiche, die ihr der liebste Baum geworden war von allen Bäumen auf Erden, und ihr Herz war ihr so krank und so sehnlich und sie hatte ihr Köpfchen in dem grünen Grase auf die Stelle hingelegt, wo einst der geliebte Schlehenstrauch gestanden hatte, und die Kröte lag

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 471. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_471.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)